Genie und Antisemit, geliebt und gehasst

Immer ein gutes Motiv für Karikaturen: Richard Wagner und sein Gegner Daniel Spitzer mit spitzer Feder
Das Jüdische Museum beschäftigt sich mit der Ausstellung "Jüdisches Wien und Wagner" mit dem Komponisten.

Abgöttisch geliebt und ebenso abgrundtief gehasst – kein Komponist polarisiert so wie Richard Wagner. Auch innerhalb der jüdischen Gemeinde Wiens hatte und hat Wagner Freunde und Feinde. Unter dem Titel „Euphorie und Unbehagen – Das jüdische Wien und Richard Wagner“ begibt sich das Jüdische Museum im Palais Eskeles (noch bis 16. März 2014) auf eine visuell-akustische Spurensuche.

Mehrere Ebenen hat Andrea Winklbauer, die Kuratorin der Schau, miteinbezogen. Von Wagners ersten Besuchen in Wien über sein antisemitisches Pamphlet „Das Judentum in der Musik“, die Verehrung des Komponisten im NS-Terror-Regime bis zum Wagner-Aufführungsverbot in Israel spannt sich der Bogen. Mittels Briefen, Bildern, Musikbeispielen, Zitaten, Karikaturen , Programmzetteln oder Bühnenbildentwürfen (der legendäre Alfred Roller) nähert sich die Ausstellung dem Phänomen Wagner.

So schrieb etwa der jüdische Intellektuelle Theodor Herzl seine Gedanken zum Zionismus und seinen „Judenstaat“ unter dem Einfluss regelmäßiger Besuche der Oper „Tannhäuser“. Konnte Herzl „Tannhäuser“ einmal nicht sehen, überkamen ihn Zweifel an seinen Visionen.

Wagners Hauptgegner zu dessen Lebzeiten wiederum waren der mächtige Musikkritiker Eduard Hanslick und der jüdische Feuilletonist Daniel Spitzer. Otto Weininger verfasste sein Buch „Geschlecht und Charakter“ unter dem Einfluss der Musik Wagners – der antisemitische Inhalt ist bekannt.

Impressionen der Ausstellung

Genie und Antisemit, geliebt und gehasst

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Genie und Antisemit, geliebt und gehasst

Richard Wagner und Daniel Spitzer, Karikatur 1877 (c) Jüdisches Museum Wien.jpg
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Theodor Herzl, zionistische Ansichtskarte (c) Jüdisches Museum Wien.tif
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Lilly Lehmann als Brünnhilde um 1900 (c) Jüdisches Museum Wien.jpg
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Otto Weininger um 1900 (c) Jüdisches Museum Wien.jpg
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Zeitreise

Wagner-Befürworter in späterer Zeit waren Hopfoperndirektor Gustav Mahler und Komponisten wie Arnold Schönberg oder Alexander Zemlinsky. Bis hin zu Wagner-Verehrer Marcel Prawy oder Dirigenten wie Zubin Mehta und Daniel Barenboim reicht die Zeitreise dieser Wagner-Rezeption.

Ein eigenes Kapitel ist der Stellung Wagners in der NS-Zeit gewidmet. Hitler selbst erklärte die Bayreuther Festspiele 1933 „zur Sache des Führers“ und war (auch aus politischem Kalkül) ein glühender Wagnerianer. All das ist in der Schau zu sehen, vor allem aber zu erlesen. Wer diese Ambivalenz in der komplexen Beziehung zwischen Wagner und den Juden erfahren will, braucht Zeit. Ein sehr guter, reich bebilderter Katalog (224 Seiten, 29,90 Euro) ist im Metro-Verlag erschienen.

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