Josefstadt-Chef Föttinger: "Wenn die Leute ins Theater stürmen"

Josefstadt-Chef Föttinger: "Wenn die Leute ins Theater stürmen"
Wie füllt man derzeit ein Theater? Der Josefstadt-Direktor weiß, wie es geht.

Die Theater sind derzeit halb leer – nur die Josefstadt ist voll. Direktor Herbert Föttinger, seit 2006 an der Spitze des Hauses, erklärt, wie das geht. Und er spricht über das Geschichtenerzählen, auf das viele Theater immer öfter vergessen.

KURIER: Alle klagen,  dass die Theater und Kultureinrichtungen halb leer sind. Es gibt den Spruch: 50 Prozent ist das neue voll. Die Josefstadt ist fast voll. Wie machen Sie das?
Herbert Föttinger: 50 Prozent sind 50 Prozent, das heißt, ein Theater ist halb leer, das kann man sich nicht mit einem Augenzwinkern schönreden. Diese Problematik betrifft übrigens nicht nur die deutschsprachigen Theater. Allerdings ist die deutschsprachige Theaterlandschaft ein verrücktes Konstrukt. Matthias Hartmann sprach im Spiegel von einer Kryptowährung, von einer Blase, die entsteht durch Kulturpolitiker und -politikerinnen, Kulturjournalisten und -journalistinnen und Theatermacher und Theatermacherinnen. Doch etwas ist bei dieser Blase nicht dabei – das Publikum. Die Blase bestimmt aber, was angesagt ist und die Theater, die Teil der Blase sein wollen, richten sich auch danach. Diese Blase gibt es in London zwar nicht – und damit existiert auch diese absurde Widersprüchlichkeit nicht –, trotzdem kämpfen die Schauspielproduktionen auch dort mit schlechten Auslastungen.

Woran liegt das?
Es liegt daran, dass die Theater in London über ein Jahr geschlossen waren. Das Zusperren war für die Theaterlandschaft in Europa eine Katastrophe. Kroatien hat nie ein Theater geschlossen, in Zagreb sind die Theater voll. Jetzt sind alle plötzlich überrascht, auch die Kulturpolitik.  Es wird lange dauern, bis wieder Normalität eintritt.

 

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