"Ich bin eine Wassermelone"

Interview - Lone Ranger
Der "Fluch der Karibik"-Star im neuen Edelwestern von Regisseur Gore Verbinski.

Genau genommen spricht Johnny Depp Deutsch – zumindest ein bisschen. Er kann sagen: „Ich bin eine Wassermelone“, und: „Mein Vater ist ein Stierkämpfer.“

Solche Sätze hörte man zuletzt auf einer Pressekonferenz in Berlin, wo ein quietschvergnügter Johnny Depp gemeinsam mit Regisseur Gore Verbinski und Hollywood-Produzent Jerry Bruckheimer für gute Stimmung sorgte. Gute Stimmung für „Lone Ranger“ (Kinostart: Donnerstag), Verbinskis neuem Edelwestern, den Bruckheimer in epischer Länge und Breite produziert hat.

Lone Ranger“ bietet alles, was sich der Western-Fan nur wünschen kann – von fantastischen Landschaften bis hin zu spektakulären Action-Sequenzen auf dahinrasenden Zügen.

Allerdings hielt sich die Größe der Fan-Gemeinde bisher in Grenzen: „Lone Ranger“ zählt in den USA zu den Big-Budget-Bomben dieses Sommers. Von den rund 200 Millionen Dollar Produktionsbudget konnte „Lone Ranger“ bisher nur etwas mehr als die Hälfte einspielen. Für das erfolgsverwöhnte „Fluch der Karibik“–Team Verbinski und Bruckheimer eine herbe Enttäuschung.

Doch Depp, in seiner verlängerten Jugend lange als Bad Boy Hollywoods gehandelt, lässt im Alter von 50 nichts an Charme, Witz und Schlagfertigkeit missen. Seine Freundlichkeit hinter den bläulich gefärbten Brillen ist geradezu entwaffnend. Noch den einschläferndsten Fragen auf der Pressekonferenz („Stimmt es, dass Sie sich vor Clowns fürchten?“) kann er einen Hauch Noblesse verleihen („Ja, das stimmt. Bei dem aufgemalten Lächeln weiß man nie, was hinter der Fassade steckt.“)

Nebelkrähe

"Ich bin eine Wassermelone"
Interview - Lone Ranger
Wenn es zu seiner Rolle des schwarz-weiß bemalten Indianers Tonto kommt, der als Markenzeichen eine tote Nebelkrähe auf dem Kopf trägt, wird Depp richtig leidenschaftlich: „Die Geschichte wird immer von den Gewinnern geschrieben“, sagt der Schauspieler: „Ich wollte der Figur des Tonto einen Tribut leisten und ein klein wenig davon gutmachen, was man den Ureinwohnern angetan hat.“

Lone Ranger“ basiert auf einer Radioshow aus den 30er-Jahren. Johnny Depp verkörpert den Comanchen Tonto, der an der Seite des Gesetzeshüters „Lone Ranger“ (Armie Hammer) korrupte Eisenbahnunternehmer im Texas der 1860er-Jahre verfolgt. Im Original spielte Tonto nur den Sidekick vom weißen Mann – in der revisionistischen Version macht man ihn zur Hauptfigur.

In den USA war man sich nicht einig, ob Johnny Depp als weißer Darsteller für die Rolle eines Comanchen tatsächlich geeignet war. Noch dazu, wo er, wenn auch augenzwinkernd, dabei einige Klischees aufwärmt.

Runtergefallen

Johnny Depp selbst betont immer wieder seine Verbundenheit mit den US-Ureinwohnern. Außerdem fließe in seinen Adern ebenfalls indianisches Blut: „Als ich in Kentucky aufwuchs, wurde mir schon als Kind erzählt, dass meine Urgroßmutter indianische Wurzeln hatte. Darauf war ich immer stolz.“

Die Kunst des Reitens stellte ihn allerdings vor Herausforderungen: Zu den schockierendsten Momenten während des Drehs in New Mexico hätte sein Sturz von einem galoppierenden Pferd gezählt, berichtet Depp leutselig: „Beim Reiten gibt es ein Problem: runterfallen. Wenn man oben bleibt, ist es toll.“

Im Übrigen gab er sich ziemlich tierlieb: „Ich wollte einen Skorpion in den Mund stecken. Klappte aber nicht.“

Auf die naheliegende Frage, ob seine Paraderolle als Rock-’n’-Roll-Pirat Jack Sparrow mit der des Tonto nicht recht ähnlich sei, grinst Johnny Depp in die Menge: „Na klar! Es bin immer ich, der spielt. Und alles entspringt meinem schrägen Gehirn.“

Mit dem Piraten-Franchise „Fluch der Karibik“ scheffelte Gore Verbinski Geld ohne Ende. Doch er machte sich auch im Western-Genre verdient: In dem erstklassigen Animations-Hit „Rango“ (2011) lässt er ein lethargisches Chamäleon als Westernheld auftreten. Mit „Lone Ranger“ erfüllte sich Verbinski – selbst ein großer Western-Fan – einen lang gehegten Wunsch.

KURIER: Sie haben mit Ihren „Fluch der Karibik“-Filmen das gesamte Piraten-Genre wiederbelebt. Erwarten Sie sich das auch von Ihrem Western?
Gore Verbinski: Über so etwas denke ich nicht nach. Ich bin einfach ein großer Western-Fan – und die Gelegenheit, einen Western mit sehr viel Geld drehen zu können, bekommt man nicht oft.

Finden Sie nicht, dass sich die Figuren von Jack Sparrow aus „Fluch der Karibik“ und Tonto sehr ähnlich sind?
Überhaupt nicht. Sie sind das komplette Gegenteil. Wir haben von Anfang an darüber gesprochen, dass „Lone Ranger“ ein Kumpel-Film ist. Das heißt, Johnny Depp kann nicht, wie in „Fluch der Karibik“ den Film an sich reißen. Er muss im Duett mit seinem Partner spielen. Und das erzeugt einen anderen Puls: Hier schießen zwei Pistolen.

Wie haben Sie Armie Hammer als „Lone Ranger“ gecastet?
Eigentlich dachte ich immer an eine Figur wie Jimmy Stewart in Frank Capras Film „Der Mann, der Liberty Valance erschoss.“ Doch dann wurde mir klar, das es solche Schauspieler-Typen nicht mehr gibt. Bis Armie Hammer hereinspazierte: Er ist nicht in Hollywood aufgewachsen und nicht der Sohn eines Schauspielers. Er hat keinen Funken Zynismus im Leib. Er passte genau.

Was war Ihnen für den Look Ihres Films wichtig?
Ich wollte es so machen wie die alten Western-Meister: In die Landschaft gehen und dort Pferde und Züge filmen. Doch das ist bereits eine verlorene Kunst: Meine Stuntmen mussten überhaupt erst wieder lernen, was es heißt, tatsächlich von einem Pferd zu fallen.

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