Vom Niedergang des Western-Helden

John Ford (Mitte) mit Denis Hopper (li.) und John Huston 1971. John Ford sollte ursprünglich im Rollstuhl sitzen, doch er meinte zu Hopper: „Junge, du hast kein Gefühl für Drama – denn dann würdest du zu mir ins Bett kommen“
Das Österreichische Filmmuseum zeigt jetzt mit der Viennale das Werk von Regisseur John Ford.

Vor knapp zwei Jahren sorgte ein Zitat von Quentin Tarantino für Aufregung: "John Ford gehört nicht zu den Western-Regisseuren, die ich bewundere", so Tarantino in einem Gespräch: "Man kann sagen: Ich hasse ihn."

Als Gründe für seine Abneigung zählte der "Django Unchained"-Regisseur all die "gesichtslosen Indianer" auf, die in Ford-Filmen "gekillt werden wie Zombies".

John Ford, der mit seinen legendären Werken wie "Stagecoach" (1939) und "My Darling Clementine" (1946) die Phase des klassischen Western-Genre einläutete – ein alter Reaktionär? Der den Gründungsmythos der USA verherrlichte – und damit auch die Ausrottung der Native Americans? Der seine weißen Helden wie etwa John Wayne und Henry Fonda – die Ford zu Stars machte – zum humanistischen Ideal verklärte? Von dessen Werk, das zwischen 1916/17 und 1966 entstand und an die 140 Filme umfasste, eine kritische Linke in den Sechziger Jahren sich empört abwenden musste?

Bilder: Die Filme von John Ford

Vom Niedergang des Western-Helden

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Ganz so einfach kann man sich es offensichtlich nicht machen. Schon allein ein Foto, das Viktor Skrebneski am 13. September 1971 in Palm Springs aufnahm, spricht eine andere Sprache: Da sitzt der sieche John Ford – unverkennbar durch die schwarze Augenklappe, allerdings ohne seiner typischen Zigarre – liebevoll eingerahmt von John Huston und Dennis Hopper. Drei Generationen Filmemacher kuscheln hier – und speziell die Anwesenheit von Hippie-Ikone Dennis Hopper, der sich damals gerade zwischen "Easy Rider" und seinem Western "The Last Movie" befand, markiert eben nicht nur Bruch, sondern auch Kontinuität zwischen dem klassischen Hollywood-Meister und den Vertretern des neuen amerikanischen Kinos.

Einmal ganz abgesehen von den grandiosen Ansichten, die Ford auf Monument Valley erschloss – eine Landschaft von filmischer Schönheit, durch die 1969 auch Hoppers "Easy Rider" fuhren. Ford war auch ein Meister einer ökonomische Erzählweise, die ganze Generationen an Regisseuren beeinflusste. Man denke etwa an eine Tischszene in "Stagecoach", wo eine Dame der besseren Gesellschaft nicht neben einem "leichten Mädchen" sitzen möchte. Mit nur wenigen Filmschnitten entwirft Ford ein Gemetzel der Blicke zwischen allen Beteiligten – und einzig der junge John Wayne bekommt nicht mit, wem hier die Verachtung eigentlich gilt.

Oder allein wenn Henry Fonda in "My Darling Clementine" auf einem Sessel schaukelt, sagt das sehr viel aus über seinen Balanceakt am Rande der Zivilisation.

Traurig

Vor jedem Film, den er drehe, sehe er sich John-Ford-Filme an, meinte Steven Spielberg in einem Interview.

Ford selbst war übrigens berüchtigt dafür, seine Interviewpartner auflaufen zu lassen ("Wie kamen Sie zum Film?" "Mit dem Zug.")

Peter Bogdanovich fragte ihn, ob er er nicht das Gefühl habe, dass seine Western immer trauriger würden?

"Nein", sagte John Ford.

Tatsächlich aber erzählt gerade sein später Western "The Searchers" (1956) ganz explizit vom Niedergang des weißen Western-Helden.

Martin Scorsese bezeichnete es als "Schock", als er "The Searchers" das erste Mal sah: Da tritt John Wayne, der mythische Held des Genres, in seiner Rolle als Ethan Edwards als offener Rassist auf. Noch einem toten Indianer schießt er die Augen aus dem Kopf, damit er das Paradies nicht sehen kann.

Hier ist John Wayne längst nicht mehr mehr verklärter Held und idealisierter Vertreter der weißen Zivilisation, sondern gebrochene Figur. Ein einsamer, fast irrer Fanatiker, der am Familientisch keinen Platz mehr hat. Ein Außenseiter, vor dem man die Türe schließt.

Auch in Scorseses eigenem Werk findet diese Figur ihren Widerhall – in Travis Bickle in "Taxi Driver".

Die Viennale freut sich vor Eröffnung der 52. Ausgabe am Donnerstag im Wiener Gartenbaukino über ihren bisher stärksten Vorverkaufsstart: Rund 42.000 Tickets wurden am ersten Wochenende verkauft, somit 2.000 mehr als im Vorjahr, wie es seitens des Festivals auf APA-Nachfrage hieß. Von 391 Vorstellungen sind 75 bis dato ausverkauft, was auf das insgesamt geringere Platzangebot zurückzuführen sei.

Nach dem Wegfall des Stadtkinos stehen der Viennale heuer insgesamt rund 4.000 Plätze weniger zur Verfügung, weil der kleinere Pleskow-Saal im neuen Metro Kinokulturhaus den Wegfall nicht kompensieren kann. Marketingleiter Paolo Calamita rechnet dementsprechend trotz guten Starts "nach wie vor mit einem leichten Rückgang" bei den Besucherzahlen.

Nach technischen Problemen in der Vergangenheit bzw. zahlreichen Beschwerden über den Online-Shop und dessen User-Beschränkung im Vorjahr sei der Vorverkaufsstart heuer "auch technisch so gut gelaufen wie noch nie". Selbst auf Facebook, wo man etwaigen Unmut unmittelbar zu spüren bekommt, habe man 90 Prozent positive Rückmeldungen bekommen.

Am schnellsten ausverkauft waren laut Calamita "einige Gartenbaukracher" wie etwa "Birdman or The Unexpected Virtue of Ignorance" von Alejandro Gonzalez Inarritu, aber auch ungewöhnliche Dokumentarfilme.

Nach Wien kommt er leider nicht. Und das, obwohl ihm heuer das Tribute der diesjährigen Viennale gewidmet ist: Viggo Mortensen wird mit der Aufführung eines halben Dutzend Filme und der Premiere seines neuesten Werks "Jauja" gewürdigt.

Der amerikanisch-dänische Schauspieler (Jahrgang 1958) wurde durch seine Rolle als Aragorn in den "Herr der Ringe"-Filmen weltberühmt – und ist eine tolle Mischung aus Kultstar und Außenseiter. Sein Gesicht ist unvergesslich– von beinahe klassischer Männerschönheit und trotzdem völlig eigenwillig. Mortensen ist vielseitig und arbeitet nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Poet, Musiker, Fotograf und Maler.

Drei Mal kollaborierte er mit David Cronenberg – und schaffte damit so hervorragende Arbeiten wie "A History of Violence" (2005), "Eastern Promises" (2007) und "A Dangerous Method" (2011). In letzterem spielt er übrigens Sigmund Freud.

Wie gut hätte er nach Wien gepasst!

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