Jim Rakete: "Ein Ensemble in Schräglage"

Birgit Minichmayr in der Serie "Die Burg - Innnenleben" von Jim Rakete (2014)
Fotograf Jim Rakete schuf ein Denkmal für die Schauspielerinnen und Schauspieler des Burgtheaters.

Ich finde, Schauspieler haben es nicht leicht auf Fotos“, sagt Jim Rakete.

„Die wollen immer, dass man was von ihnen will – dass man sagt ,jetzt spiel’ mir Verzweiflung’, oder so. Wenn du einfach nur kommst und sagst: ,Es reicht mir völlig, wenn du dich da hinsetzt und mal aufmerksam guckst’, dann fühlen die sich völlig unterfordert.“

Im Frühsommer 2014 bat der berühmte Berliner Fotograf alle Ensemblemitglieder des Burgtheaters (damals 77) vor seine Kamera – ohne Rollen, ohne viel Inszenierung.

Etwa 15 Minuten dauerte jede der Sitzungen, die in einem kleinen, mit grauer Leinwand verhangenen Dachkämmerchen des Hauses am Ring stattfand. Einige Personen – etwa Klaus Maria Brandauer und Birgit Minichmayr – hatte Rakete schon zuvor fotografiert, andere sah er zum ersten Mal.

Fotos als Kassazettel

„Die Bilder haben die Genauigkeit eines ersten Händedrucks“, sagt Rakete im KURIER-Gespräch. „Der erste Eindruck ist ja oft viel genauer als das, was man danach lernt. Ich stelle das immer wieder fest im Leben. Nehmen Sie ein interessantes Gespräch im Flugzeug: Da entsteht durch den begrenzten Moment eine neue Wahrheit, eine neue Offenheit. Das Komische bei der Fotografie ist, dass man für diesen Moment noch eine Quittung bekommt, nämlich das Bild.“

Die Serie „Burgtheater – Innenleben“, die bis 16. Mai in der Wiener Leica Galerie ausgestellt ist, sei keine Auftragsarbeit gewesen, betont Rakete. „Ich hab’ das machen wollen, ich habe das finanziert, Punkt.“

Jim Rakete: "Ein Ensemble in Schräglage"
Jim Rakete Burg Innnenleben
Matthias Hartmann habe ihm zuerst Unterstützung zugesichert – doch eine Woche nach der Zusage war der Direktor gefeuert. Und so machte der Porträtist, der in Folge auch die Unterstützung von Hartmanns Nachfolgerin Karin Bergmann genoss, seine Bilder inmitten der größten Unruhephase, die die Burg je erlebte. „Das hat mich ehrlich gesagt ziemlich herausgefordert“, bekennt Rakete. „Ich dachte: Ein Ensemble in Schräglage, was heißt denn das? Wenn die ihr Gesicht zeigen, in welcher Stimmung machen die das?“ Wie die Begegnungen verliefen, offenbart der Fotograf nicht – „das ist ja doch ein intimer Moment. Das, was man im Bild rauslesen kann, hängt hier an der Wand.“

Ein Abgesang

Fest steht für Rakete, dass seine Serie auch eine Form des Abgesangs ist. „Ich habe das Projekt gemacht, weil ich dieses Ensemble einzigartig finde“, sagt er. „Diese Form des Staatstheaters, die die Burg hat, ist bemerkenswert, weil das eine große, große kulturelle Leistung ist. Ob das jemals zurückkommt, weiß ich nicht. Wir sehen überall, wie die Ensembles zusammenschrumpfen. Das Prinzip, dass man aus einem Ensemble alle Besetzungen schöpfen kann, schafft keiner mehr.“
Bei aller Eleganz und Würde, die in den Fotos zum Ausdruck kommen, sieht Rakete sein Werk daher nicht feierlich. „Ob das jetzt hier ein Ausdruck von Stolz ist oder nicht – das weiß ich nicht“, erklärt er. „Das muss Wien entscheiden.“

Infos: Rakete in der Burg

Jim Rakete (der Nachname ist kein Künstlername), 1951geboren, war u. a. Manager von Nena, Nina Hagen und anderen deutschen Popstars, drehte Dokumentarfilme & Videoclips und machte sich mit Porträtfotos einen Namen. Er lebt in Berlin.

Das Projekt „Die Burg – Innenleben“ ist bis 16. 5. in der Leica Galerie (Walfischgasse 1, 1010 Wien) zu sehen. Die Fotos stehen zum Verkauf (Kleinformat – Auflage 6 Stk, 1200 €; Großformate – Auflage je 3 Stk, 4900 €), der Bildband kostet 19,90 €.

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