Norah Jones: "Gefühl, dass die Welt auseinanderbricht"

Norah Jones ist wieder da
Norah Jones über das Nein-Sagen, Babyflaschen und ihre Rückkehr zum Jazz.

Oben in ihrem Haus in Cobble Hill in Brooklyn hat Norah Jones ihren Musikraum mit den grandiosen, teuren Pianos. Ihr nächsten Freitag erscheinendes neues Album "Day Breaks" schrieb die 37-Jährige allerdings auf einem kleinen, schäbigen in ihrer Küche. "Ich habe es dort aufstellen lassen, weil ich wieder mehr Klavier spielen wollte und es bequemer war, auch im ersten Stock eines zu haben", erzählt die New Yorkerin im KURIER-Interview. "So konnte ich herumklimpern, während die Milch für das Baby warm wurde."

Seit ihrem Durchbruch mit dem Hit "Don’t Know Why" im Jahr 2002 und dem über 26 Millionen Mal verkauften Debüt-Album "Come Away With Me" hat Jones eigene Alben mit deutlichen Country-Einflüssen aufgenommen, mit Green-Day-Frontmann Billy Joe Armstrong eine Everly-Brothers- Tribute-CD und mit Danger Mouse eine Hommage an die Soundtracks von Spaghetti-Western. 2014 wurde sie zum ersten mal Mama, Anfang diesen Jahres bekam der Junior ein Schwesterchen.

Tempo

Die Rückkehr zum jazzigen Piano-Sound von 2002, sagt sie, sei eine rein instinktive Sache gewesen: "Es begann damit, dass ich gebeten wurde, für Benefizveranstaltungen in New York einmal ein 20-minütiges und dann ein 40-minütiges Programm zusammenzustellen. Dafür musste ich üben. Und ich musste nach Liedern suchen, die nicht alle dasselbe Tempo hatten. Dadurch bekam ich wieder Lust darauf, mehr Klavier zu spielen."

Dass sie sich nach dem anfänglichen Sensationserfolg vor allem der Gitarre zuwandte, sagt sie, hatte nichts damit zu tun, dass das eine extrem schwierige Zeit für sie war.

"Bis vor Kurzem fand ich es einfach inspirierender, auf der Gitarre zu schreiben. Die harte Zeit am Anfang hatte ja auch nie etwas mit der Musik zu tun, sondern nur mit dem Business. Ich kam aus den Jazz-Clubs von New York und plötzlich kannte mich jeder. Ich hatte permanent einen übervollen Terminkalender und machte hauptsächlich Interviews und Fotoshootings. Es fühlte sich an, als würde ich in so viele unterschiedliche Richtungen geschoben und gezerrt werden. Ich dachte: ,Eigentlich lebe ich meinen Traum. Das sollte Spaß machen. Aber warum tut es das nicht?‘ Also habe ich Änderungen vorgenommen. Kurz gesagt, ich musste lernen, ,Nein‘ zu sagen, und so wieder Herr meiner Zeit zu werden."

Viele Texte von "Day Breaks" spiegeln wider, dass sich Jones jetzt sehr wohl in ihrer Haut fühlt. Allerdings greift sie zwischendurch auch soziale Themen auf.

Frustration

"Der Song ,Flipside‘ ist eine Reaktion auf die vielen traurigen, aufwühlenden News-Meldungen der vergangenen Jahre, wobei unterschiedliche Ereignisse unterschiedliche Strophen inspiriert haben. Nein – inspiriert ist dafür ein ganz schlechtes Wort. Denn es war die Frustration darüber, was zurzeit in der Welt vorgeht, die mich diesen Song hat schreiben lassen."

Die Angst um die Zukunft ihrer Kinder, sagt sie, spielt dabei keine Rolle. "Ich denke, ich hätte das auch geschrieben, wenn ich keine Mutter wäre. Durch die Sozialen Medien oder die 24-Stunden-News-Kanäle ist das omnipräsent. Zurzeit hat doch jeder das Gefühl, dass die Welt auseinanderbricht. Manchmal versuche ich, das auszublenden und mich auf die schönen Dinge zu konzentrieren, die ich habe. Aber gleichzeitig will ich auch informiert bleiben und nicht ignorant werden."

Anders als man denken könnte, hat sie den Song "And Then There Was You" nicht für eines der Kinder geschrieben, sondern für ihren Partner – einen Musiker, dessen Identität sie beharrlich geheim hält. Allerdings: "Als ich Mama wurde, hat das Lied schon noch eine ganz andere Bedeutung bekommen."

Kommentare