Gibt es bei der Sprache Bezirksunterschiede?
Früher gab es da schon einige Unterschiede. Also das Meidlinger „l“ kennt man ja. Heutzutage ist das aber anders, denn die Jungen reden ja kaum noch Dialekt. Das merke ich bei meinen Enkelkindern, die ich oft nicht verstehe, weil sie ihre eigene Sprache sprechen – mit sehr vielen Wörtern in Englisch. Alles ist immer cool. Du bist cool und so weiter. Cool ist nicht cool. Warum sagt man nicht einfach leiwand oder lässig.
Das Wienerische geht also verloren?
Teilweise. Zum Glück gibt es Menschen, die das noch verkörpern, weitergeben, vermitteln und Bücher darüber schreiben. Aber es ist wie bei der Mode. Alles kommt irgendwann wieder. Vielleicht entdeckt eine der kommenden Generationen wieder das Wienerische für sich. Aber ob ich das noch erleben werde, bezweifle ich. Ist mir ehrlich gesagt aber auch ziemlich wurscht. Leid ist mir halt nur um die Heurigen-Atmosphäre, die ich als Kind kennen- und liebengelernt habe. Damals wurde dort immer zünftig aufgespielt und gesungen, vor allem Schrammelmusik und Heurigenlieder. Heute hört man dort oftmals nur irgendwelche asiatischen Geiger, die eh super spielen, aber halt keinen Schmäh haben.
Der Heurigen ist also etwas typisch Wienerisches?
Ja, finde ich schon. Meine Eltern sind drei Mal in der Woche zum Heurigen gegangen. Meine Mutter war eine woschechte Wienerin, hat die Heurigenabende geliebt. Ich war immer dabei, schon als Kind, habe dort auch zum Singen begonnen, meine erste Gage verdient – in Form von Cremeschnitten, Schaumrollen oder Schokolade (lacht). Wenn ich müde war, habe ich mich einfach ins Auto gelegt. Früher war alles etwas unkomplizierter. Mein Vater hat mir auch hin und wieder ein bisschen Rotwein kosten lassen. Es hat mir nicht geschadet, es wurde keine Alkoholikerin aus mir.
Und wie sieht es mit dem Raunzen aus?
Da Weana motschkert hoid gern. Ich auch. Vor allem in diesen wirklich nicht sehr leiwanden Zeiten. Da darf man schon mal ein bisschen zwida sein. Und Raunzen schadet ja auch niemanden, tut niemanden weh. Es ist eine Form des Selbstmitleids: Man will damit bei anderen ja nur etwas Beileid erregen. Wir raunzen zwar gerne, sind aber deswegen keine schlechten Menschen. In Wahrheit haben wir ein gutes Herz. Natürlich gibt es immer wieder ein paar Trotteln. Aber von denen kann man ja nicht auf die ganze Menschheit schließen. Dummheit ist individuell. Es gibt solche und solche. Jeder Mensch ist eben etwas Besonderes. Der eine ist besonders deppat, der andere besonders leiwand (lacht).
Der Wiener ist also ...
… ein eigener Schlag. Eigentlich liebenswert, aber halt auch ein bissl ein Grantler. Ein ziemlicher Genussmensch, durchaus hilfsbereit, aber immer auch gerne eine Zwiderwurzen. Er ist von allem halt ein bisserl. Wenn er etwas Gutes zum Essen hat, einen Wein, dann wird er gemütlich, ein geselliger Mensch.
Und er wurde wie die Wiener Küche auch, Jahrhunderte durch Einflüsse aus den Kronländern geprägt.
Ja, Österreich war schon immer ein Einwanderungsland. Früher sind viele Menschen aus den österreichisch-ungarischen Habsburgerländern zu uns gekommen. Ich bin zum Beispiel ein Gemisch aus Polen, Ungarn, Jugoslawien und Tschechien. Jetzt kommen halt Menschen aus anderen, orientalischen Ländern zu uns. Was gut ist, denn dadurch werden wir hübscher, vermischt sich das Blut.
Wie gelungen ist diesbezüglich der „Kaisermühlen Blues“, in dem sie mitgespielt haben. Trifft diese Serie das Wienerische gut?
Das ist nur ein Ausschnitt vieler Lebensrealitäten, die man in dieser Stadt finden kann. So Figuren wie die Hausmeisterin, die immer motschkert und auch immer alles weiß, was im Haus, in der Gegend so los ist, gab es sicherlich. Heute gibt es aber kaum noch Hausmeister.
Wer verkörpert für Sie aktuell das Wienerische gut?
Der Voodoo Jürgens. Aber auch auf eine neue, frische Art. Der Bursch ist sehr authentisch. Und seine Musik mag ich auch gerne. Das sage ich aber nicht nur, weil ich in seinem Song „’S klane Glücksspiel“ vorkomme. Für das dazugehörige Video waren wir übrigens in einem grindigen Beisl – alter Fuchs, des war eine arge Tschumsen. Man könnte sagen, der Voodoo Jürgens verkörpert diese neue wienerische Generation, zu der ich auch Seiler & Speer zählen würde.
Apropos Tschumsen. Die sind ja vom Aussterben bedroht.
Sie sterben aus, weil die Leute lieber daheim saufen, ist ja auch billiger. Ich persönlich gehe in solche Buden nicht. Nach dem ich 20 Jahre in der Gastronomie gearbeitet habe, habe ich schon genug Betrunkene gesehen.
Ein echter Wiener geht nicht unter. Würden Sie das unterschreiben?
Absolut. Der Wiener findet immer einen Weg aus der Sackgasse. Ich bin, wie ich bereits gesagt habe, am Mexikoplatz groß geworden, habe danach zehn Jahre in Israel gelebt und weiß daher eines ganz gut: When you make it there, also in Wien, you will make it everywhere (lacht).
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