Kampf gegen „Ageismus“
Wie kaum eine Zweite prangerte Fonda in den vergangenen Jahren den „Ageismus“, also die gesellschaftliche Diskriminierung älterer Menschen, an. „Wir sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe und haben dennoch kein Gesicht in den Massenmedien“, klagte die einstige „Vorturnerin“ in einem Interview mit dem britischen Telegraph. Selbst für sie, die zweifache Oscar-Gewinnerin, sei es so gut wie unmöglich, noch gute Filmrollen zu bekommen. 2015, mit fast achtzig, startete Fonda nach einer längeren Filmabstinenz mit der Netflix-Serie „Grace & Frankie“ noch einmal durch. Die Comedy über zwei Frauen, deren Ehemänner sie verlassen, um einander zu heiraten, geriet zum Überraschungshit und hielt dem jugendbesessenen Hollywood den Spiegel vor.
Frauen hätten es ab einem gewissen Alter schwerer als Männer, betonte Fonda im Telegraph (und lange, bevor sie Richard Lugner kannte): „Für Männer ist es okay, zu altern, weil sie begehrenswerter werden, wenn sie Macht haben. Bei uns Frauen geht es nur darum, wie wir aussehen. Darum versuchen wir alles, um jung zu bleiben.“
Fonda spricht aus Erfahrung: Lange litt sie selbst unter den Schönheitsidealen, die sie heute anprangert. Als Fitness-Influencerin der ersten Stunde war sie mit ihren Aerobic-Videos am Schlankheitswahn der Achtzigerjahre maßgeblich beteiligt. Dass sie jahrzehntelang magersüchtig war, gab sie erst viel später zu. Die „Angst, nicht hübsch genug zu sein“ zog sich durch ihr Leben und animierte sie unter anderem zu einem Facelifting und einer Brustvergrößerung. Mittlerweile warnt Fonda vor dem Suchtpotenzial solcher Operationen und beteuert, sich nie wieder für ein jugendlicheres Aussehen unter das Messer zu legen.
Stattdessen schwört die mehrfache Großmutter auf neun Stunden Schlaf, tägliche Meditation, ausreichend Sonnenschutz, Humor und gute Gesellschaft. Es sei wichtig, bis ins hohe Alter aktiv zu bleiben und den jungen Menschen zuzuhören, sagte Fonda einmal, angesprochen auf das Geheimnis ihrer Jugend.
Keine neue Kleidung
Und die Liebe? Ein Mann komme ihr nicht mehr ins Haus, obwohl sie noch vor Kurzem über den Sex im Alter schwärmte. Ihre Energie steckt Fonda in Filmprojekte (die Sportkomödie „80 for Brady“ mit vier Hauptdarstellerinnen über siebzig ist soeben in den USA angelaufen) und den Aktivismus. Erst 2019 ließ sie sich vor dem US-Kapitol wegen zivilen Ungehorsams verhaften und erklärte, im Sinne des Klimaschutzes keine neue Kleidung mehr zu kaufen. Für Anerkennung sorgte ihr Auftritt bei der Oscar-Verleihung 2020, wo sie sich nicht nur mit silbergrauem Haar, sondern auch in einem roten Elie-Saab-Kleid zeigte, das sie bereits 2014 in Cannes getragen hatte. Zwei Trends, denen viele Stars folgten.
Zum Opernball wird Fonda also ziemlich sicher in recycelter Robe erscheinen. Und so auch ohne Klebstoff ein stilles Zeichen des Protests setzen.
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