"Jakob Lenz" mit Markus Meyer in Salzburg

"Jakob Lenz" mit Markus Meyer in Salzburg
Kritik: Beim Salzburger Young Directors Project zeigt Cornelia Rainer "Jakob Lenz".

Jakob Michael Reinhold Lenz war Sturm-und-Drang-Dichter – der Text der heuer ebenfalls bei den Salzburger Festspielen aufgeführten Zimmermann-Oper "Die Soldaten" stammt von ihm. Von Goethe erst gehätschelt, dann fallen gelassen, verfiel er mehr und mehr dem Wahnsinn. Diagnose: paranoide Schizophrenie. 1792 fand man ihn tot in einer Moskauer Straße liegen. Auf seinem Weg in die geistige Unterwelt verbrachte Lenz 20 Tage bei Pfarrer Oberlin im elsässischen Kaff Wal­ders­bach. Büchner schrieb darüber eine Novelle, Oberlin hinterließ Notizen. Aus diesen beiden Quellen und Lenz-Gedichten formte Regisseurin Cornelia Rainer nun im Rahmen des Young Directors Project im republic ein nach ihrem traurigen Helden benanntes Stück. Das besteht aus zwei Highlights:

Burgschauspieler Markus Meyer in der Titelrolle, der – wie man’s von ihm gewohnt ist – mit vollem Körpereinsatz um die Geisteskraft seiner Figur ringt. Der mit seinen manischen Aus- und Einbrüchen die ruhige Hinterwälderwelt und ihren Universallösungssatz "Lasset uns beten" so lang bedroht, bis sie ihn verstößt.

Keine Harmonie

Und dem Schweizer Musikkollektiv Schi-Lunsch-Naven, das seine Zithermusi und die Kirchen­liadln mit schrägen, schrillen Tönen durchschrammt: In Lenzens Kopf findet Harmonie keinen Klangraum mehr. Alles wird da Instrument. Der gesamte Oberlin’sche Hausrat. Sowie eine die Bühne von Aurel Lenfert dominierende Holzachterbahn. Sie dient Meyer als Fluchtort im Haus, als Gebirge; an ihr arbeitet sich der Schlagzeuger mit den Sticks ab. Montagnes Russes nannten die Franzosen einst die Achterbahn – und Cornelia Rainer ihre Truppe. Obwohl all das stimmig ist, stimmt irgendwas an diesem Abend nicht. Rainer, die 2009 als Dramaturgin mit Salzburgs Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf seinen großen "Richard II."-Monolog erarbeitete, gerät hier vieles zu statisch. Zu – pardon! – altbacken. Die Oberlins (Manfred Böll und Gertrud Roll) samt Magd (Karola Niederhuber) 90 Minuten lang mit offenem Mund den Irrsinn bestaunen lassen, ist ein wenig zu wenig. Meyer findet keinen Mitspieler, an dem er sich reiben könnte. So bleibt er auch als Darsteller ein "Unangepasster" im System. Ein Einzelkämpfer eben.

KURIER-Wertung: **** von *****

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