Literatur-Nobelpreisträger Seamus Heaney gestorben

epa02239289 A handout photo provided by Queen's University shows Nobel prize-winning Irish poet Seamus Heaney stands before a large glass panel listing all the benefactors before the official opening of Queens University's new McClay Library, Belfast, Northern Ireland, Britain, 06 July 2010. One of Northern Ireland's newest landmark buildings - the GBP50 million McClay Library was officially opened by Seamus Heaney and named after Queen's largest benfactor the Sir Allen McClay who recently passed away. EPA/PAUL MCERLANE / HO EDITORIAL USE ONLY
Der irische Schriftsteller und Nobelpreisträger Seamus Heaney starb im Alter von 74 Jahren.

Mit Seamus Heaney ist am Freitag der bedeutendste Vertreter der zeitgenössischen anglo-irischen Lyrik gestorben, der sich vor allem als literarische Stimme im Nordirlandkonflikt einen Namen gemacht hat. Die außergewöhnliche Dichterkarriere Heaneys wurde 1995 mit dem Literaturnobelpreis gekrönt.

Seamus Heaney sei am Freitagmorgen nach "kurzer Krankheit" in einem Spital in Dublin gestorben, teilte seine Familie in einer Erklärung mit. Heaney war verheiratet und hatte zwei Söhne und eine Tochter.

Das irische Kulturministerium bestätigte den Todesfall. Heaney sei ein großartiger Botschafter für die Literatur, aber auch für Irland gewesen, sagte der irische Kulturminister Jimmy Deenihan.

Geboren wurde Heaney am 13. April 1939 als ältester Sohn von neun Kindern. Der Vater, den er in seinem Gedicht "Vom Graben" würdigte, besaß eine kleine Farm in Nordirland, arbeitete aber hauptsächlich als Viehhändler. Im ländlichen County Derry ist die "Geisteslandschaft" seiner Dichtung angesiedelt. Nach einem Stipendium an einer katholischen Internatsschule in Londonderry studierte er in Belfast und arbeitete dort später als Lehrer. Seinen Umzug in die Großstadt beschrieb er einst als "Entfernung von der Erde der Farmarbeit in den Himmel der Bildung".

Suche nach Identität

Bekannt wurde Heaney zunächst durch einfühlsame Naturschilderungen. Diese frühen Gedichte sind jedoch keine Idealisierung der Kindheit und der ländlichen, häufig auch brutalen Traditionen. Vielmehr ist in ihnen schon angelegt, was seine reife Lyrik prägen sollte: die Suche nach kultureller und nationaler Identität.

Der Ausbruch der Unruhen in Nordirland Ende der 1960er Jahre machte ihn dann zu einem Dichter, der mit wachem politischen Bewusstsein auf die Ereignisse der Zeit reagierte. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände erschütterten den Dichter so sehr, dass er Belfast den Rücken kehrte und 1972 in das Dorf Glanmore in der Republik Irland und später nach Dublin zog.

Kritiker kreideten ihm dies als Flucht aus seiner Verantwortung als katholischer Schriftsteller an. Er selbst begründete den Schritt auch damit, dass er auf dem Land mehr Zeit zum Schreiben habe. Spätestens mit dem Band "North" (1975) kam der Durchbruch. Die Beschäftigung mit dem Nordirlandkonflikt zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Davon zeugen unter anderem die Gedichtbände "Wintering Out" (1972), "Spirit Level" (1996) und "Die Wasserwaage" (1998).

"Erfahrung einer Richtigkeit"

Gedichte mussten nach Heaneys Meinung Einsichten vermitteln und überraschen. Sie könnten in unsteter und schnelllebiger Zeit auch Sicherheit geben - nicht durch "einlullende oder optimistische Gefühle", sondern durch "Erfahrung einer Richtigkeit", durch "Einsicht, Ausdruck, Beobachtung", sagte er einmal in einem dpa-Gespräch.

Neben der Arbeit als Dichter lehrte Heaney an verschiedenen Universitäten in Irland, England und den USA. Seit 1982 erhielt er regelmäßige Lehraufträge der Harvarduniversität, wo er bis 2006 auch eine Rhetorikprofessur innehatte. Außerdem beteiligte er sich an der politisch aktiven Theatergruppe "Field Day".

Die Leistungen Heaneys blieben auch abseits des Nobelpreises nicht unbemerkt. 2006 erhielt er den ebenfalls hochrenommierten T. S. Eliot Prize und zuletzt 2011 den Irish Book 'Lifetime Achievement Award'.

Kommentare