Die Stärke der Verletzlichkeit

Seal spricht offen über Liebe und Enttäuschung – wenn man nichts beim Namen nennt.

Die kompromisslose Wahrheit und totale Hingabe", sagt Seal, seinen immer schon die Ingredienzien seiner Alben gewesen. Denn: "Das ist der Preis dafür, dass es dir als Musiker erlaubt ist, deine Biografie zu singen."

Trotzdem hat man dieser Tage das Gefühl, um den heißen Brei herumzureden, wenn man Seal interviewt. Denn der 52-Jährige hat Regeln dafür: Fragen zur Familie oder der Trennung von Heidi Klum sind verboten.

Nur über sein neues Album "7" darf man sprechen. Das ist typisch Seal, bringt Songs auf den Spuren von Hits wie "Kiss From A Rose", gelegentlich spannend, aber einige Male auch ein bisschen zu konventionell und zu Streicher-lastig arrangiert.

Mitgefühl

Das Problem bei dem Verbot: "7" handelt ausschließlich von der Liebe und mit Seals Verpflichtung zur Wahrheit vermutlich schon von Klum und dem Ehe-Aus.

"Ich wollte auf ,7‘ die verschiedenen Aspekte der Liebe einfangen", sagt er. "Egal, ob das Ärger, Akzeptanz, Glückseligkeit, Traurigkeit, Euphorie oder Rücksichtslosigkeit sind. Das hat viel Mut gebraucht. Und Mitgefühl. Ich habe viele Texte wieder verworfen, weil sie zu subjektiv waren. Denn die Wahrheit an sich ist objektiv. Es kommt aber darauf an, wer sie betrachtet, und aus welchem Blickwinkel. Weil aber andere Menschen involviert sind, wollte ich sehr gut aufpassen, wie ich meine Wahrheit erzähle. "

Nicht nur daraus wird deutlich, dass Seal mit dem Verbot, über Klum zu sprechen, seine vier Kinder und die Ex schützen will. Gerüchten zufolge war sie untreu, auf jeden Fall war aber sie es, die 2012 die Scheidung einreichte. Trotzdem will Seal sich – ganz Gentleman – nicht darauf einlassen, ein schlechtes Wort über seine Ehe zu sagen.

Er erzählt, dass er zwar nur ins Studio geht, wenn ihm etwas auf der Seele brennt , er deshalb etwas zu sagen habe, er sich aber diesmal Zeit für "das Verdauen der Emotionen" genommen habe. Und, dass er das Gefühl der Eifersucht ganz bewusst aus "7" rausgehalten hat. "Das ist doch ein dummes Gefühl, oder nicht ?"

Stimmt. Aber kann er es denn steuern und abstellen? "Nein, nie", lacht er, wird aber gleich ernst.

"Ich habe aber gelernt, meine Gefühle besser zu managen. Ich habe mir diesen ,Stärke in der Verletzlichkeit‘-Ansatz zugelegt. Nehmen wir an, jemand hat mich in der Vergangenheit enttäuscht und schlimme Dinge getan: Auch wenn ich mit ganzem Herzen in diese Beziehung gegangen bin, ich verliere deshalb nicht den Glauben und das Vertrauen in diese Person. Denn ich bin draufgekommen, dass es sehr wenige Menschen gibt, die wirklich böse sind. Wenn sie Böses tun, gibt es dafür viele andere Gründe, aber es kommt nicht wirklich aus ihrem Inneren. Deshalb liegt es an mir, ob ich mich davon im Stich gelassen und verletzt fühle."

Einmal mehr hat Seal für "7" mit Produzent Trevor Horn, dem Mann hinter Frankie Goes To Hollywood, zusammengearbeitet. "Ich habe unglaubliches Vertrauen zu ihm, denn wie er mit seinen Arrangements die Basis für meine Stimme legt, ist genial. Wir sind dicke Freunde. Und ich glaube, das braucht es auch, um so ein Album über die Liebe zu machen."

Erfolgreicher Coach

Mit "7" will Seal auch wieder auf Tour gehen. Sein Engagement als Coach bei der australischen Ausgabe von "The Voice" hat er beendet. Auch wenn er dabei in beiden Jahren den Gewinner betreute.

"Ich glaube, da habe ich Glück gehabt. Ich kann mich schon gut in Künstler einfühlen und ihnen deshalb auch meine Erfahrungen gut vermitteln. Aber in beiden Fällen wollten alle vier Coaches diese Künstler haben. Alle vier Sessel haben sich umgedreht – aber sie haben sich für mich entschieden."

Damit haben sie nicht nur die Show, sondern auch einen Mentor und Freund fürs Leben gewonnen. Denn Seal ist es wichtig, den Kontakt zu den Gewinnern zu halten: "Sie haben meine Telefonnummer und können mich jederzeit anrufen. Und das tun sie auch."

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