Interview mit Saoirse Ronan und Margot Robbie: Kampf der Königinnen
Am Höhepunkt von „Maria Stuart, Königin von Schottland“ (Kinostart: Donnerstag) treffen die beiden Frauen aufeinander: Elizabeth, Königin von England, das Gesicht von Pockennarben entstellt und mit einer dicken Schicht weißem Puder überschmiert; und ihre um neun Jahre jüngere Cousine, die mit rotem Haar umflammte Maria Stuart, Königin von Schottland.
Die Begegnung der jungen Rivalinnen sollte, nach dem Willen der britischen (Theater)Regisseurin Josie Rourke, ein Filmereignis sein, vergleichbar mit der erstmaligen Begegnung von Al Pacino und Robert De Niro in Michael Manns Thriller „Heat“. Ihre beiden Hauptdarstellerinnen Saoirse Ronan als Mary und Margot Robbie als Elizabeth fieberten diesem entscheidenden Moment entgegen. Um die Spannung zu steigern und den Augenblick der Begegnung noch authentischer zu empfinden, vermieden es Ronan und Robbie, einander davor am Set zu begegnen: „Ich war unglaublich nervös vor dieser Szene“, beteuerte Saoirse Ronan, zuletzt mit ihrer Rolle in Greta Gerwigs „Ladybird“ in aller Munde,
im KURIER-Gespräch: „Als es dazu kam, war ich vollgepumpt mit Adrenalin. Die Gefühle zwischen uns flossen ganz natürlich.“
Auch die Tränen: „Eigentlich wollte ich meine Fassung bewahren“, pflichtet Margot Robbie, spätestens seit „I, Tonya“ bekannt, ihrer Kollegin zu: „Doch ich spürte förmlich, wie ich auseinanderbrach. Es war eine wunderbare Idee, unser erstes Zusammentreffen für den Film aufzuheben.“
Im wirklichen Leben sind einander die beiden Königinnen Elizabeth und Mary Stuart leibhaftig nie begegnet. Darin sind sich die Historiker weitgehend einig. Ihre Verbindung bestand aus Briefen. Mary war nach einer kurzen Ehe mit dem französischen König im Alter von 17 Jahren als Witwe nach Schottland zurückgekehrt und hatte dort 1561 den Thron bestiegen. Ihre Konkurrentin Elizabeth I. wiederum war die Tochter von Heinrich dem VIII., der Elizabeths Mutter Anna Boleyn hinrichten und die Ehe annullieren hatte lassen.
Keine guten Voraussetzungen für die junge Elizabeth, eine hohe Meinung von Ehe, Ehemännern und Familie zu bekommen. Tatsächlich blieb sie zeitlebens unverheiratet und wurde auch die „jungfräuliche Königin“ genannt.
Intrigen der Männer
Ganz anders Maria Stuart: Sie verheiratete sich und gebar einen männlichen Thronfolge. Tatsächlich erzählt Regisseurin Josie Rourke ihr Königinnendrama als Coming-of-Age-Geschichte der royalen Teenagerin Mary, die ihre Sexualität entdeckt und ihr privates Leben mit den Polit-Intrigen des Hofes in Einklang bringen muss. Das ausschweifende Leben als Femme Fatale, das ihr von ihren Zeitgenossen nachgeredet wurde, fällt allerdings unter die Kategorie Fake News. Zu dieser Feststellung gelangte ihr jüngster Biograf, John Guy, auf dessen Recherchen das neue Filmdrama beruht.
Beide Königinnen waren ständig von männlichen Intriganten umgeben (das Drehbuch stammt übrigens von „House of Cards“-Erfinder Beau Willimon), die den regierenden Frauen die Macht abjagen wollten. So gesehen tat Elizabeth wahrscheinlich gut daran, in jedem potenziellen Bewerber um ihre Hand auch einen potenziellen Thronräuber zu vermuten.
„Ich glaube, beide Frauen verfolgten ihre jeweils eigene Strategie, um sich durch das sie umgebende Patriarchat zu navigieren“, sinniert Margot Robbie über die Positionen der beiden Königinnen: „Mary wollte sowohl den Thron als auch die Familie – und sie ist gescheitert. Ich glaube, ein Teil von Elizabeth wünschte sich für Mary, dass ihr beides gelingen würde. Und irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass Elizabeth es bereute, selbst nicht diesen Mut gefunden zu haben. Für mich ist sie ein abschreckendes Beispiel. Sie zog sich völlig zurück und blieb letztlich einsam und unglücklich.“
Die Realisierung von „Maria Stuart, Königin von Schottland“ zog sich übrigens über Jahre hin. Die heute 24-jährige Saoirse Ronan ist seit ihrem 18. Lebensjahr für die Rolle der Mary vorgesehen: „Es hat ziemlich lange gedauert, bis wir das richtige Drehbuch fanden“, erläutert sie die Verzögerungen: „Die Geschichte, die wir erzählen wollten, ist einfach so massiv. Marys Leben in Frankreich, wo ihre Schwiegermutter Caterina de’ Medici sie hasste, ihre Rückkehr nach Schottland, die Reformation, all der politische Wahnsinn – wir mussten erst langsam herausfinden, worauf wir uns konzentrieren wollten.“ Saoirse Ronan grinst: „Aber für mich war es super. Ich konnte mit den Jahren in die Rolle hineinwachsen.“
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