Mit Marilyn Manson das Drama, mit Lemmy die Überraschung

Emigrate mit Rammstein-Gitarrist Richard Kruspe (2ter von rechts)
Weil seine Band Rammstein "auf Eis liegt", hat Gitarrist Richard Kruspe das Nebenprojekt Emigrate reaktiviert und sich dafür illustre Gastsänger geholt.

Ich denke, Lemmy hat im Rock-Business schon alles erlebt. Der lässt sich von einer Beule am Kopf nicht beeindrucken."

Rammstein-Gitarrist Richard Kruspe spricht von dem Vorfall, als er den Motörhead-Boss in einem Wutanfall mit einer Gitarre bewarf. "Es war bei einem Rammstein-Konzert", erzählt Kruspe im KURIER-Interview. "Ich hatte zum dritten Mal von einem Roadie eine verstimmte Gitarre bekommen. Also habe ich sie ihm nachgeworfen. Leider stand dort gerade Lemmy, der sich die Show von der Bühnenseite aus ansah. Ich wusste das aber nicht, hab nur mehr gesehen, wie Lemmy verschwunden ist. Das war mir schon sehr peinlich."

Bodenständig

Trotzdem war Lemmy der Erste, an den Kruspe dachte, als er für das zweite Emigrate-Album "Silent So Long" den rasant dahinhackenden Song "Rock City" aufnahm. "Ich habe von allen Songs auch Versionen, bei denen ich singe. Aber da war ich mir sicher, Lemmy ist der bessere Sänger. Ich habe ihm das Lied geschickt, ohne zu wissen, dass er krank war. Als ich das erfuhr, schickte ich schnell eine Botschaft nach: ,Sorry, vergesst es, baldige Besserung!" Nach einer Woche kam ganz kommentarlos der Song mit Lemmys Stimme drauf zurück."

Nur als Rammstein 2010 den New Yorker Madison Square Garden in nur 20 Minuten ausverkauft hatten, sagt Kruspe, habe er eine ähnliche Freude empfunden: "Der ist krank und macht das trotzdem. Absoluten Respekt! Der Typ ist so bodenständig geblieben."

Neben Lemmy konnte Kruspe auch Korn-Sänger Jonathan Davis, Frank Dellé von Seeed und Peaches für das Album gewinnen. Denn er sieht Emigrate als Studio-Band – die für Kollaborationen offen sein muss. "Entstanden ist sie aus der Frustration, dass Rammstein eine sehr enge, geschlossene Welt ist. Ich bin aber in der in der Untergrund-Szene in Ostberlin groß geworden, wo jeder mit jedem gearbeitet hat."

Doch erst jetzt mit dem zweiten Album konnte der 47-Jährige seine Anfangs-Vision von Emigrate verwirklichen. Auch im Sound: "Ich habe erst jetzt die Balance zwischen Gitarren-Rock und Elektronik, zwischen Aggression und düsterer Stimmung gefunden."

Dritter Anlauf

Mitgeholfen hat dabei auch Marilyn Manson, der "Hypothetical" singt. Mit ihm klappte die Zusammenarbeit aber erst im dritten Anlauf. "Mit ihm gibt es immer Drama. Als ich ihm den Song geschickt hatte, kam zuerst zurück, dass mein Gesang gut sei, er wisse nicht, was er anders machen sollte. Später hat er es dann doch gemacht, aber ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe. Da habe ich ein Studio in L. A. organisiert, wo er das mit einem Produzenten-Freund von mir noch einmal aufgenommen hat. Und das war toll. Manchmal braucht es halt, bis so etwas passt."

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