Bei seinen akribischen Vorbereitungen krallte sich Larraín alles Material, das er kriegen konnte – von der Serie „The Crown“ bis hin zu Büchern über und Interviews mit Diana Spencer – „und trotzdem bin ich mir bis heute nicht sicher, wer sie wirklich war“, bekennt der Filmemacher: „Sie ist rätselhaft, und das ist interessant für das Kino. Wir haben uns entschieden, drei Tage aus ihrem Leben herauszugreifen und uns vorzustellen, was da passiert sein könnte.“
In „Spencer“ erzählt Pablo Larraín, wie Diana zu einer Weihnachtsfeier nach Sandringham zur königlichen Familie und ihren Kindern aufbricht. Nach einem Spießrutenlauf zwischen beklemmender Etikette und der Sehnsucht nach Selbstbestimmung beschließt sie, ihr Leben zu ändern.
„Ich wollte immer schon mit Kristen Stewart arbeiten. Ich bewundere besonders ihre Filme mit Olivier Assayas, vor allem ,Personal Shopper‘“, begeistert sich der Regisseur für seine berühmte Hauptdarstellerin, die dem Mythos Diana auf Augenhöhe begegnet: „Diana war eine sehr geheimnisvolle Person, und ich finde, Kristen Stewart kann diese Kombination von Magnetismus und Mysterium wunderbar vor die Kamera bringen. Ich bin sehr dankbar, dass sie die Rolle übernommen hat.“
Tatsächlich entwickelt Stewart eine beinahe unheimliche Ähnlichkeit mit Diana Spencer, ohne dabei ihr beeindruckend eigenständiges Spiel einzubüßen. Renitent kollidiert sie als Lady Di mit den Royals und deren Vorschriften, während die Begegnungen mit ihren Kindern von einer enormen Zärtlichkeit geprägt sind.
„Diana befindet sich in einer schweren Krise, die an psychologischen Terror grenzt – und mit diesen Genre-Elementen flirtet der Film. Letztendlich aber findet sie einen Weg, sich selbst zu heilen. Sie versteht, dass sie auch außerhalb der königlichen Familie existieren und Mutter sein kann. Ich habe überhaupt erst im Verlauf der Dreharbeit begriffen, dass mein Film von Mutterschaft handelt. Meinen persönlichen Zugang dazu habe ich durch meine Mutter, aber auch durch meine eigenen Kinder gefunden.“
„Spencer“ besticht nicht nur durch seine symmetrisch astrein gebauten Bilder, sondern auch durch deren blasse Farben. Manchmal sieht es so aus, als wäre ein Nebelschleier über Gesichter und Landschaften geworfen: „Ich habe mit der wunderbaren Kamerafrau Claire Mathon zusammengearbeitet. Wir haben uns entschlossen, pastellige Wasserfarben zu verwenden“, sagt Larraín, übrigens ein großer Verehrer von Stanley Kubrick, von dessen Film „Barry Lyndon“ er sich zur Vorbereitung inspirieren ließ: „Das ist ungewöhnlich, denn üblicherweise sieht man im Fernsehen und im Film Bilder mit sehr starken Kontrasten. Wir haben auf analogem Filmmaterial gedreht, und ich finde, Claire Mathon hat eine weibliche Sensibilität in die Bilder gebracht. Gleichzeitig haben wir uns darum bemüht, den Film zeitlos wirken zu lassen. Es sollte so aussehen, als wäre er ein bisschen aus der Zeit gefallen – genauso wie die Royals.“
Für die Filmmusik engagierte er Johnny Greenwood, einen der Gitarristen der Band Radiohead. Auch diese Wahl erwies sich als vortrefflich: „Ich bin seit Langem ein Fan von Greenwood“, schwärmt Pablo Larraín: „Er hat einen ungewöhnlichen Mix aus Barockmusik und Jazz komponiert. Der Barock repräsentiert die königliche Familie, der Jazz erzählt von Dianas innerer Krise – aber auch von Freiheit.“
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