Interview mit Ken Loach: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Interview mit Ken Loach: Die Hoffnung stirbt zuletzt
Der britische Filmregisseur ist ein Chronist der Arbeiterklasse und setzt mit „The Old Oak“ einen optimistischen Schlusspunkt unter eine lange Karriere

Ken Loach hat schon mehrfach angekündigt, dass sein neuer Film sein Letzter sein würde. Diesmal könnte es stimmen: Mit „The Old Oak“ verabschiedet sich der legendäre britische Regisseur vielleicht wirklich vom Kino. Im Alter von 87 blickt der Brite auf eine Karriere von rund 60 Jahren zurück, in denen er sich als profilierter, dezidiert linker Filmemacher auf emphatische Sozialdramen spezialisierte. Unermüdlich prangert der Chronist der britischen Arbeiterklasse soziale Missstände und ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse an. Für „Ich, Daniel Blake“, eine harsche Kritik am britischen Gesundheitssystem, erhielt er 2016 seine zweite Goldene Palme in Cannes. Ebenfalls im Wettbewerb von Cannes lief „Sorry We Missed You“ (2019), ein bitteres Porträt über die prekäre Jobsituation eines gestressten Paketboten.

In seinem neuesten Melodram „The Old Oak (derzeit im Kino) trifft britischer Rassismus auf eine Gruppe von Flüchtenden. Als sich die verarmte Bevölkerung einer heruntergekommenen Bergarbeiterstadt im Norden Englands mit einer Busladung von asylsuchenden Syrern konfrontiert sieht, gehen die Wogen hoch. Besonders die Stammtischrunde eines Pubs namens „The Old Oak“ sieht sich von den Neuankömmlingen bedroht.

Doch obwohl sich die Kontroverse zuspitzt, setzt Ken Loach einen optimistischen Schlusspunkt. Sollte „The Old Oak“ tatsächlich sein letzter Film sein, würde er sein kämpferisches Gesamtwerk mit Hoffnung auf Versöhnung beenden. Das Gespräch mit Ken Loach fand nach der Premiere von „The Old Oak“ während der Filmfestspiele in Cannes statt.

KURIER: Mr. Loach, „The Old Oak“ endet überraschend zuversichtlich. Woher nehmen Sie Ihren Optimismus?

Ken Loach: Well, man muss natürlich realistisch bleiben. Tatsache ist, dass wir in düsteren Zeiten leben. Trotzdem glaube ich daran, dass es die natürliche Reaktion von Menschen ist, anderen, die in Not sind, zu helfen. Es existiert ein Gefühl von Solidarität, dass sich insbesondere in der Arbeiterklasse über viele konfliktreiche Jahre herausgebildet hat. Gerade unter den Bergarbeitern und anderen „alten Industrien“ gab es immer eine große Tradition der Solidarität. Daran muss man erinnern. Die Politik sollte auf Solidarität setzen. Stattdessen werden in den Medien Pessimismus und die Schwäche und Rückwärtsgewandtheit der Arbeiterklasse beschworen. Ich glaube aber, dass es genug Grund zur Hoffnung gibt.

Wenn man den Stammgästen in „The Old Oak“ zuhört, klingt das wenig hoffnungsvoll. Sie sind rassistisch und ausländerfeindlich.

Kommentare