Doch als sie sich mit Hollywood einließ und als erster iranischer Star nach der Islamischen Revolution in einer US-Großproduktion – Ridley Scotts „Der Mann, der niemals lebte“ – mitspielte, wurde sie schikaniert. Schließlich fühlte sie sich gezwungen, den Iran zu verlassen.
„Es ist ein Unterschied, ob man seine Heimat noch als Kind verlässt, oder, so wie ich, mit 24. Wenn man sehr jung verpflanzt wird, hat man die Chance, sich woanders einzufügen. Doch wenn man älter ist, wird das unmöglich“, sinniert Golshifteh Farahani im KURIER-Interview.
Sie denkt über ihre Rolle als Selma in der Tragikomödie „Auf der Couch in Tunis“ (ab Freitag im Kino) nach: Darin spielt Farahani eine Psychoanalytikerin, die im Alter von zehn Tunesien verlassen hat und in Paris lebt. In der Zeit nach der Revolution von 2011 beschließt Selma, nach Tunis zurückzukehren und eine psychoanalytische Praxis zu eröffnen.
Ihre Umgebung ist zuerst einmal baff: Zwar reden alle gern und viel, aber mit Psychoanalyse will zuerst einmal niemand etwas zu tun haben. Ein Klient will bei ihr sogar die Hose herunterlassen, weil er meint, sie sei eine Geheimprostituierte.
Doch nach und nach beginnt das Geschäft zu laufen und auf Selmas Couch werden Geheimnisse aller Art enthüllt – bis hin zu Albträumen von arabischen Diktatoren und Vladimir Putin.
„Schon beim Lesen des Drehbuchs musste ich sehr viel lachen, und das hat mich sofort von dieser Rolle überzeugt“, schwärmt Farahani mit ihrer markant dunklen Stimme: „Es werden viele aktuellen Probleme wie das Geschlechterverhältnis, Homosexualität oder politische Gefangene im gegenwärtigen Tunesien angesprochen, aber auf so unterhaltsame Art, dass man nicht von deren Schwere erschlagen wird.“
Auch für die Figur der Selma hegt Golshifteh Farahani große Sympathien: „Selma hat ein sehr typisches Problem: In Paris bleibt sie immer die Tunesierin, in Tunis aber ist sie die Französin. Sie gehört nirgendwo dazu. Sie ist aufgeschmissen.“
Dieses Gefühl kennt Farahani zur Genüge: „Bei mir ist es sogar noch schlimmer, denn ich empfinde gar keine spezifische Identität. Natürlich bin ich in meinem Herzen durch und durch Iranerin. Aber ich brauche keinen bestimmten Ort, um mich Zuhause zu fühlen. Ich trage meine Heimat in mir selbst. Das ist sehr befreiend.“
Bereits als junges Mädchen tanzte Golshifteh Farahani im Iran aus der Reihe: „Ich habe nie wo hinein gepasst. Auf dem Musikkonservatorium beispielsweise wurden wir angehalten, Mozart und Beethoven zu studieren und nach Wien zu reisen. Ich habe Metallica gehört und so viel Head Banging betrieben, dass ich eine Nackenstütze tragen musste. Mit 16 habe ich mir eine Glatze geschoren und bin wie ein Bursche herum gelaufen. Das war gefährlich im Iran. Meine Familie war traumatisiert.“
Den Widerspruchsgeist hat sie sich bis heute behalten. Wenn Golshifteh Farahani etwas nicht will, dann auf bestimmte Rollen fixiert werden. In Jim Jarmuschs Film „Paterson“ etwa spielte sie die schräge Ehefrau von Adam Driver: „Das war eine kosmische Chance! Ich liebe Jarmusch, seit ich 12 bin.“
Trotzdem hat sie Amerika als Hauptumfeld für ihre weitere Karriere verlassen: „Dort hätte ich nur Rollen als unterdrückte Frau oder Terroristin aus dem Nahen Osten bekommen. Darauf hatte ich keine Lust.“
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