Er hat mich daran erinnert, warum ich mich überhaupt in die Schauspielerei verliebt habe. Als Julia darauf bestand, dass ich die richtige Person sei, hat mich das sehr berührt. Ich nehme es nicht als selbstverständlich hin, ein solches Angebot zu bekommen. Es war befreiend. Ich liebe Julias Arbeit wirklich, und als ich herausfand, dass sie Interesse hatte, dachte ich: „Oh, aber du könntest das Natalie Portman geben. Du könntest das einer Schauspielerin mit einem begabten und komplexen Spektrum geben.“ Das ist nicht unbedingt meine Selbstwahrnehmung.
Sehen Sie sich nicht als Drama-Darstellerin?
Als Schauspielerin in Hollywood, die nicht unbedingt der Norm entspricht, musste ich oft interessante Rollen für mich selbst schreiben. Daher ist es selten, dass mir ein Drehbuch angeboten wird, das nicht die freche beste Freundin oder die verrückte Kollegin ist. Ich war begeistert von Julias vorherigem Film „Und morgen die ganze Welt“ und fühlte mich geehrt, dass sie dachte, ich könnte diese für sie so bedeutende Rolle einfangen. Sie ist mit osteuropäisch-jüdischen Großeltern aufgewachsen, und ich hatte das Gefühl, dass ihr Traum vielleicht nicht unbedingt war, mich in „Girls“ nackt zu sehen, sondern mir dabei zuzuschauen, wie ich etwas tiefer gehe.
Haben Sie nicht auch selbst polnische Vorfahren? Wie war es, an den Originalorten zu drehen?
Die herausforderndsten Drehtage waren die, die wir in Auschwitz verbrachten – die Schwere des Drehs an diesem Ort und der Wunsch, etwas zu liefern, das dem Privileg würdig war. Aber es war auch leicht für mich, meine Oma Dorothy zu hören, die im Alter von 96 Jahren gestorben ist, im letzten Jahr, in dem wir „Girls“ gedreht haben. Wenn ich sagte: „Oma, ich gehe dorthin“, konnte ich buchstäblich ihre Stimme hören, die sagte: „Warum willst du das machen?“ Sie war so dagegen, zurückzuschauen – ihr ganzes Leben drehte sich darum, dem Trauma zu entkommen, und in gewisser Weise handelte ich gegen jede Anweisung meiner Großeltern. Aber ich musste glauben, dass ein Teil von ihr stolz darauf wäre, dass ich versuche, eine Geschichte zu erzählen, die würdigt, woher sie kam.
Szenen in Auschwitz zu drehen, muss emotional sehr herausfordernd sein. Wie war das für Sie persönlich und beruflich?
Ich war schon einmal in Polen, aber damals besuchte ich Freunde, die im Ausland studierten. Wir waren jung und interessierten uns weniger für die Kulturgeschichte und eher für die Wodka-Kultur. Dies war also mein erster Besuch in Auschwitz. Ich hatte viel gelesen, um mich vorzubereiten, aber ich glaube nicht, dass eine Lektüre einen wirklich auf die Erfahrung und die Komplexität des Ortes vorbereiten kann.
Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Co-Star Stephen Fry?
Ich bewundere Stephen sehr, und ich finde, dass er in diesem Film eine große emotionale Leistung erbringt. Meine Aufgabe war es, einfach da zu sein, ihn zu beobachten, von ihm zu lernen und die beste Szenenpartnerin zu sein, der ich sein konnte, damit er die großartige Arbeit machen konnte, die er macht. Er hatte schon viele karrierebestimmende Rollen, diese hier gehört zu seinen ganz großen. Er hat für diesen Film polnisch gelernt und sprach am Ende so fließend, dass die Leute dachten, ich sei die einzige Ausländerin am Set. Er ist ein bemerkenswerter Schauspieler. Meine Mutter schrieb ihm kürzlich eine Email und meinte: „Sollte es mal dazu kommen, denke ich, dass Sie ein sehr guter Ersatzvater für Lena wären.“
Sie haben in Ihrer Karriere viele Projekte gemacht, die mehr oder weniger autobiografisch waren ...
Stimmt. Mein Film, „Tiny Furniture“ war extrem autobiografisch, mein Vater war der einzige, der nicht mitspielte. Meine Mutter, meine Schwester und ich hatten alle Rollen. Ich merkte an der Publikumsreaktion, dass Mädchen, die damals genauso alt waren wie ich, sehr positiv auf eine nicht perfekte Frau reagieren, und das brachte mich dazu, eine Serie zu schreiben – „Girls“. Ich wollte das im TV machen, nicht fürs Kino, denn ich finde, dass das Fernsehen unsere eigenen Erfahrungen normalisiert und – ich will hier nicht wie ein Hippie klingen, aber sie haben die Power eine weltweite Einigkeit zu kreieren. Das Fernsehen ist eben ein Massenmedium. Ich wollte die erste Generation zeigen, die, seit sie neun war, auf Ritalin ist, die erste Generation, die mit Reality-TV aufgewachsen ist.
Wie können Sie so viele verschiedene Positionen auf einmal erfüllen – Autorin, Regisseurin, Hauptdarstellerin?
Lustigerweise habe ich nie eins ohne das andere gemacht. Ich habe nie gespielt, ohne Regie zu führen, ich habe nie geschrieben, ohne Regie zu führen oder zu produzieren. Der erste Film, bei dem ich nur Autorin war, hieß „Nobody Walks“, und es war sehr komisch, plötzlich nur eine Funktion zu haben. Bei „Treasure“ gab ich meinen Senf zum Dialog dazu, bin aber dabei nur Schauspielerin. Das war sehr befreiend. Ich habe gern die Kontrolle, obwohl ich mich manchmal gern klonen würde, um das alles zu schaffen.
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