Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

Ingrid Bergman im Alter von 16 Jahren.
Isabella Rossellini hat ein Buch über ihre Mutter Ingrid Bergman herausgegeben.

Wie ähnlich sie einander waren, Mutter und Tochter. Dieser Tage kündigte die Schauspielerin Isabella Rossellini an, sie wolle sich aus dem Show-Biz zurückziehen. Man nahm die traurige Gelegenheit wahr, Fotos von der wunderbaren, gerade weil nicht makellosen Schönheit (der bezaubernd schiefe Vorderzahn!) zu betrachten. Eine berückende, doch eigenartig widerspenstige Schönheit, wie sie auch Rossellinis Mutter Ingrid Bergman besaß: Bei ihrem Hollywood-Debüt beschied man ihr, sie habe „eine viel zu große Nase, schiefe Zähne und unmögliche Augenbrauen“.

Wer sich selbst ein Bild machen will, möge den Band „Ingrid Bergman. Ein Leben in Bildern“ kaufen. Er kostet viel Geld. Mehr als hundert Euro. Doch selten hat man Gelegenheit, Geld so gut zu investieren.

Die mehrere Kilo schwere Biografie beinhaltet u. a. Texte von John Updike, Curd Jürgens und Martha Gellhorn sowie 385 Bilder. Darunter Prachtexemplare wie Fotografien von Inge Morath und viel Privates, das man noch nie gesehen hat: Das Selbstporträt der Sechzehnjährigen, aufgenommen mit der Kamera des verstorbenen Vaters; der Urlaubsschnappschuss der Mittvierzigerin, die glücklich grinsend auf einem sommerwarmen Stein liegt und einen Dackel an sich drückt; die gar nicht divenhafte Filmdiva, die mit Cary Grant während der Dreharbeiten zu „Indiskret“ ausgelassen und ausgesprochen indiskret tanzt.

Biografie: Bilder von Ingrid Bergman

Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

Joan Of Arc
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Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

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Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

Isabella Rossellini präsentiert Bildband über ihre
Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

GERMANY PHOTOGRAPHY
Ingrid Bergman: Einfach zum Niederknien

Wem die Stunde schlägt
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Stromboli

Ungeschminkt

Und immer wieder ihr pures, ungeschminktes Gesicht, das souverän von innen her strahlt. Über die berühmte Fotografie, die Chim Seymour 1952 von Bergman und ihren Zwillingen machte, schrieb John Updike, sie habe ihm „einen Stich versetzt, denn sie zeigt so viel Liebreiz“, wer sie betrachte, „möchte einfach niederknien“.

Ein ebenso prächtiges, wie aufschlussreiches Buch. Bergman-Neulinge werden sich freuen, zu erfahren, dass Ingrid nichts mit Ingmar zu tun hatte. Die schwedischen Filmexporte arbeiteten zwar zusammen, waren aber nicht verwandt. Ein Detail für Bergmanophile: Ingmars Vater war Pastor und hatte Ingrid gefirmt.

Regisseur Ingmar Bergman beschrieb Ingrid, mit der er erstmals zusammenarbeitete, als sie bereits todkrank war– sie starb 1982 an Krebs – treffend: „Sie war eine unberechenbare Anarchistin (...), die nicht daran dachte, zurückzuschauen.“

Verbannung

Wie gut der Befund zu diesem Leben passt. Jenem der Hollywood-Göttin, die mit „Casablanca“ zur Ikone wurde und die, kaum hätte sie es sich am Walk of Fame bequem machen können, ausbrach und in Europa das Gegenteil von Hollywood machte: Neorealismo („Stromboli“, 1949) und eine neue Familie in wilder Ehe mit Roberto Rossellini. Sie hatte seinen Film „Rom, offene Stadt“ gesehen und schrieb ihm einen Brief: „Werter Herr Rossellini! (...) Wenn Sie eine schwedische Schauspielerin brauchen, die (...) im Italienischen nur ti amo kennt, so bin ich bereit, zu kommen und einen Film mit Ihnen zu drehen.“ Es wurde mehr als ein Film: die Kinder Roberto, Isabella, und Isotta.

Den puritanischen USA sagte das gar nicht zu. Das Publikum fühlte sich von seinem liebsten Star betrogen ... und das ausgerechnet mit einem „schmierigen Italiener“, schreibt Updike. Die Verbannung aus Hollywood und den amerikanischen Herzen war beschlossene Sache.

Ingrid Bergman muss eine leidenschaftliche und furchtlose Frau gewesen sein. 1915 in Stockholm geboren, machte sie bereits im Alter von 24 Jahren Karriere. Produzent David O. Selznick holte sie 1939 nach Hollywood. Sie drehte mit Spencer Tracy, Cary Grant, Humphrey Bogart. Gewann drei Oscars und nach dem Ehe-Aus mit Rossellini (er ertrug es nicht, wenn sie mit anderen arbeitete, für ihn war das wie sexuelle Untreue) die Herzen der Amerikaner zurück. Hollywood-Verträge aber schlug sie aus. Sie wollte frei sein.

Ingrid Bergman starb an ihrem 67. Geburtstag am 29. August 1982. Sie hatte den Tod kommen gespürt. „Meine Tage sind gezählt“, hatte sie zu Ingmar Bergman gesagt.

Ihren durch Krebs deformierten Arm, den sie in einer Schlinge trug, nannte sie „garstiger, kranker Hund“: „Komm, wir gehen spazieren.“

Isabella Rosselini im Porträt

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