Inge Maux im Gespräch: „Ein Teufelchen in mir, das provoziert“

Inge Maux liebt Filme und Filmfestivals: „Eigentlich bin ich fast mehr Filmfreak als Theaterfan“

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Inge Maux ist eine hinreißende Erscheinung. Flankiert von zwei weißen Mini-Hündchen – Suri! Pepita! – eilt sie auf roten Stiefelchen ins Café Hawelka zum KURIER-Gespräch. Ein roter Turbanschal sitzt über ihren grünblauen Augen, die neugierig in die Welt blitzen: „Ich muss mir die Zahl 80 immer vor Augen halten und kann es selbst nicht glauben“, sagt sie mit ihrer glockenhellen Stimme: „Manchmal denke ich, ich müsste endlich erwachsen werden, denn ich fühle mich in meinen Rollen wie ein spielendes Kind.“
Abgesehen davon, dass man ihr Alter von 80 Jahren tatsächlich nicht glauben kann, wird Inge Maux nun für ihre Spielfreude belohnt: Sie bekommt heuer den Großen Schauspielpreis der Diagonale, der ihr am Donnerstagabend anlässlich der Eröffnung des heimischen Filmfestivals in Graz überreicht wird: „Ich muss ehrlich sagen, das ist das Highlight meines Lebens“, zwitschert Frau Maux begeistert: „Ich musste mich erst einmal setzen, als mich der Diagonale-Direktor angerufen hat. Ich glaube, ich habe sehr wirr gesprochen. Der muss einen schönen Eindruck von mir gehabt haben!“
Sicherlich nur den Allerbesten. Denn wenn jemand den Schauspielpreis der Diagonale verdient, dann Inge Maux. Ihren Nachnamen, den man übrigens „Mo“ ausspricht, hat sie von ihrem Onkel, dem Wiener Komponisten Richard Maux abgezwickt – „weil Ingeborg Christine Wöchtl geht schlecht“. Dieser Onkel war es auch, der ihren Eltern zugeredet hat, die Tochter Schauspielerin werden zu lassen: „Und ich habe ihm versprochen, dass ich ihm keine Schande mach’.“
Hat sie auch nicht, im Gegenteil. Ihre ersten Auftritte absolvierte die kleine Inge bereits in der Gemischtwarenhandlung ihrer Großmutter im oberösterreichischen Mettmach – und von da bis in die Schauspielschule in Wien war es eigentlich nur noch ein Katzensprung.
Schon damals war das Hawelka für die 17-jährige Schauspielschülerin ein Stammcafé, „denn wir durften bei der Frau Hawelka anschreiben lassen, wenn wir am Ende des Monats kein Geld mehr hatten“. Dort verkehrten Erika Pluhar und der Maler Kurt Moldovan, „der mir ein Bild auf eine Serviette gezeichnet hat“, und dort lernte sie Konrad Bayer aus der legendären „Wiener Gruppe“ kennen und hatte „eine kleine Love Affair“: „Das war halt die wilde Jugend“, meint Inge Maux verschmitzt. In Ulrike Ottingers Horrorkomödie „Die Blutgräfin“, die nächstes Jahr in die Kinos kommt, brachte sie ihre Erinnerungen gleich zur Anwendung, denn sie verkörpert – die Frau Hawelka.
Später sei sie dann ins Café Bräunerhof übersiedelt und hätte Thomas Bernhard beim Zeitungslesen beobachtet, oder, wie sie schmunzelnd sagt, „gestalkt“.
Derzeit spielt Inge Maux erstmals am Wiener Burgtheater in Bernhards ehemaligen Skandalstück „Heldenplatz“ unter der Regie von Frank Castorf – „und an Bernhards Geburtstag bin ich nach einer Probe mit ein paar Kollegen ins Bräunerhof gegangen und habe ein Glas Wein auf sein Wohl getrunken.“
Nicht gschamig
Aber eigentlich, sagt Inge Maux, eigentlich sei sie fast mehr ein Filmfreak, als ein Theaterfan: „So gerne ich Theater spiele und auch sehe, der Film hat mich mit Haut und Haaren. Auf der Bühne ist man als Schauspielerin mehr Herr der Sache, aber im Film gibt man sich Preis. Und das liebe ich sehr.“
Stichwort: Ulrich Seidl. Er war es, der Maux in die Rolle der Sextouristin in seinen Arthouse-Hit „Paradies: Liebe“ castete – und das war für ihre Filmkarriere „der Meilenstein. Mit ihm ging erst alles los. Danach wurde ich vielfach für Filme engagiert.“
Gschamig sei sie übrigens nicht, gibt sie zu, aber als sie zu den Dreharbeiten nach Kenia aufbrach, rief ihr ihr Mann noch ein „Schön brav bleiben!“ hinterher. Aber wie soll ich sagen, sagt Inge Maux, „irgendwie sitzt ein kleines Teufelchen in mir, das auch gerne provoziert. Ich habe immer schon gern ein bisschen die Leute geschockt.“

Meilenstein ihrer Karriere: Inge Maux (li.) als Sugar Mama mit Margarethe Tiesel
Auch in Seidls Schlagerstarporträt „Rimini“ spielt sie mit, und zwar als verliebtes Groupie, das sich „auch noch ein bisschen entblößt“ – „Aber jetzt bin ich alt und schiach und jetzt ist es auch schon wurscht.“
Zwar sind „alt“ und „schiach“ so ungefähr die letzten Adjektive, die einem zu Inge Maux einfallen würden, aber ihr Mutterwitz ist einfach umwerfend. „Bei mir ging es erst im Alter richtig los“, meint die Schauspielerin, die privat auch gerne singt und malt: „Ich habe schon davor an tollen Häusern Theater gespielt, habe aber nicht viel gedreht. Ich hielt mich für zu hässlich und habe mich nicht darum bemüht.“ Jetzt aber, im Alter, „spüre ich eine große Freiheit – was das Aussehen, und was die Rollen betrifft.“
Tatsächlich kann Inge Maux auch ganz schön „spooky“ sein, wie sie von sich selbst sagt und zuletzt in Andreas Prochaskas Heimathorror „Welcome Home, Baby“ bewies. Die schwerste Rolle ihres Lebens aber sei eine Holocaust-Überlebende in dem Drama „Murer – Anatomie eines Prozesses“ gewesen, erinnert sich Inge Maux. Darin spricht sie fließend Jiddisch – eine Sprache übrigens, in der sie auch komische Rollen spielt, wie etwa die der jüdischen Mame in der Schweizer Netflix-Komödie "Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“: „Das war die Rolle meines Lebens“, schwärmt sie. Da habe ich mich wie ein Fisch im Wasser gefühlt.“
In jedem Fall hoffe sie sehr, dass sie „wie die Ernie Mangold drehen kann, bis ich 90 bin.“ Aber wie heißt es doch so schön bei dem jüdischen Geburtstagswunsch? „120 soll man werden“, sagt Inge Maux und lächelt.
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