Impulstanz: "Wir sind in unserer Existenz bedroht"

De Keersmaeker zeigt bei ImPulsTanz ihre "Verklärte Nacht".
Die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker im Gespräch.

Eine Auszeichnung ist etwas Schönes, löst aber noch keine Probleme. Das muss auch Anne Teresa De Keersmaeker erfahren, die zwar mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde, sich in ihrer belgischen Heimat aber mit massiven Schwierigkeiten konfrontiert sieht. Der Grund: Das belgische Opernhaus Théâtre de la Monnaie hat angekündigt, den modernen Tanz aus finanziellen Gründen endgültig auf Eis zu legen. Für die Star-Choreografin und ihre dort angesiedelte Compagnie Rosas ein Damoklesschwert.

Heimatsuche

"Wir sind in unserer Existenz bedroht", sagt De Keersmaeker dazu im KURIER-Gespräch. "Wie es jetzt aussieht, müssen wir uns eine neue Heimat suchen", so die Pionierin des zeitgenössischen Tanzes weiter. Dass man mit dem Festival ImPulsTanz immerhin in Österreich einen "großartigen Partner" hat, wird sich im Sommer wieder zeigen. Dann präsentiert De Keersmaeker im Rahmen von ImPulsTanz ihre neuen Arbeiten "Verklärte Nacht" und "Vortex Temporum". "Ich habe Arnold Schönbergs ,Verklärte Nacht‘ oft gehört und wusste, das muss ich in Tanz, in Bewegung umsetzen. Jede neue Choreografie beginnt bei mir immer mit der Musik", so die Künstlerin.

Bilder sieht sie, Körperlichkeit empfindet sie, wenn sie Musik hört. Schwerpunkte liegen dabei auf Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts. Aber: "Mich interessiert auch die Musik der Renaissance und jene davor. Nur um die Romantik habe ich bisher einen großen Bogen gemacht. Jetzt taste ich mich aber langsam auch an diese Epoche heran."

Kreaturen

Was guten zeitgenössischen Tanz ausmacht? "Die Emotion. Und die Tatsache, dass man sich mit den großen Themen der Gegenwart beschäftigt. Etwa mit der Wirtschafts-und Finanzkrise, die wir alle täglich spüren. Doch bei allem Überbau geht es immer um den Menschen, um das Individuum in all seinen Facetten. Und um das Miteinander der Kreaturen. Tanz kann etwas ausdrücken, woran die Sprache scheitern muss."

Körper, Musik, Raum und deren Verhältnis zueinander sind die Hauptzutaten von De Keersmaekers Choreografien; ihr Bewegungsvokabular erfindet sie dabei stets aufs Neue. Einen "De-Keersmaeker-Stil" gibt es nicht, "obwohl ich an die Wiedererkennbarkeit meiner Arbeiten schon glaube". Für die Zukunft hat die 55-Jährige einen Wunsch: "Ich hoffe, noch lange selbst tanzen zu können. Das ist meine Art, mich auszudrücken."

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