ImPulsTanz: Jan Fabre macht glücklich

ImPulsTanz: Jan Fabre macht glücklich
Kritik – Jan Fabres "This is theatre like it was to be expected and foreseen" sorgt für kollektive Erschöpfung, macht aber glücklich.

Jan Fabre ist vieles. Maler, Dramatiker, Choreograf, Regisseur und Provokateur. Vor allem aber ist Jan Fabre ein Gigant des zeitgenössischen (Tanz-)Theaters, der das Publikum auch über mehrere Stunden zu fesseln weiß.

Im Rahmen des Festivals ImPulsTanz war das gleich zwei Mal zu erleben. Einmal bei der fast kurzen, weil nur etwa viereinhalbstündigen Arbeit "The Power of Theatrical Madness". Und am Wochenende im MuseumsQuartier (Halle G) bei "This is theatre like it was to be expected and foreseen" – einem zirka neunstündigen Tanz-Marathon, der zuletzt gegen fünf Uhr morgens mit frenetischem Jubel bedacht wurde.

Zu Recht. Denn wer sich Fabres Universum aussetzt, geht darin voll auf. Emotional, intellektuell und physisch. Ja, die Erschöpfung ist Teil von Fabres Konzept bei "This is theatre like it was to be expected and foreseen" aus dem Jahr 1982, das Fabre für ImPulsTanz neu kreiert und reaktiviert hat.

Fabre ist dabei der Ästhetik der 80er-Jahre treu geblieben. Es gibt Fleischerhaken, die von der Decke baumeln, eine Leinwand, diverse Projektoren, Mikros, eine oft laut wummernde Musik, das fast obligate Spiel mit echten Tieren (den Wellensittichen ist nichts passiert), ein bisschen Aktionismus und etliche szenische Wiederholungen.

Theateralltag

In 18 Szenen schildert Fabre den Arbeitsalltag auf dem Theater in all seinen Ausprägungen. Liebe, Sex und Eifersucht inbegriffen. Fabre macht das aber so poetisch und so herrlich verspielt. Er stellt Behauptungen auf, bricht oder erfüllt Erwartungen. Ein brillantes Performer-Ensemble folgt ihm dabei mit höchstem Körpereinsatz und Ausdruckskraft.

Das Publikum selbst darf bei Fabre den Saal verlassen, an der Bar einen Drink, eine Zigarette rauchen gehen oder sich einfach draußen die Beine vertreten. Man macht das während der neun Stunden auch. Hat dabei aber irgendwie ein schlechtes Gewissen und die Angst, etwas Wesentliches verpasst zu haben.

Bilderwelten

Denn Jan Fabre glaubt an die Autonomie des Publikums. Er fordert nichts. Er zwingt nichts auf. Er bietet nur an. Bilder. Schöne Bilder. Kindische Bilder. Verstörende Bilder. Hinreißende Bilder. Fabre erzählt keine Geschichte im engeren Sinn. Er erzählt viele Geschichten. Vom Leben und vom Theater, das er in seiner ureigensten choreografischen Weise als Medium reflektiert.

Das alles zelebriert Fabre bis zur Erschöpfung. Und man kann, ja will sich nicht daran sattsehen.

KURIER-Wertung: ***** von *****

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