ImPulsTanz: Es gibt sie noch, die vier Jahreszeiten – auf der Bühne

Die vier Performer von Rosas vermochten zu beeindrucken
„Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione“ von Anne Teresa De Keersmaeker und Rosas zur Musik von Vivaldi beim ImPulsTanz-Festival.

Von: Silvia Kargl

Das Publikum hat entschieden: Ein einziges Buh war zu hören, als Anne Teresa De Keersmaeker am Montagabend die Bühne des Wiener Volkstheaters betrat, um nach der österreichischen Erstaufführung von „Il Cimento dell’Armonia e dell’Inventione“ beim ImPulsTanz-Festival den Jubel des Publikums entgegenzunehmen.

Wenige haben ihr den Applaus verweigert, doch am Ende fiel die Entscheidung zugunsten einer positiven Aufnahme eines Kunstwerks, das erneut den hohen Stellenwert von De Keersmaekers Schaffen für den zeitgenössischen Tanz bewies. Das Stück wurde in Zusammenarbeit mit dem marokkanischen Choreografen Radouan Mriziga im Mai dieses Jahres uraufgeführt.

Uneingeschränkten Applaus und Jubel gab es für die an der Choreografie mitbeteiligten Performer Boštjan Antončič, Nassim Beddag, Lav Crnčević und José Paulo dos Santos, die in 90 Minuten ein Feuerwerk von tänzerischen Höchstleistungen abliefern, Beddag mit Breakdance-Vokabular. Choreografiert zu Antonio Vivaldis „Le quattro stagioni“ („Die vier Jahreszeiten“) in einer Einspielung der Geigerin Amandine Beyer mit Gli Incogniti ist dieser tänzerische Ausbruch, durchbrochen von einer langen, musiklosen Introduktion und mit Ruhepolen zwischen den Stücken, vielleicht schon das Problem dieses Männerquartetts: Es ist geradezu überfrachtet an Bewegungen.

Neben der Illustration der Jahreszeiten mit fantasievollen Elementen aus der Tier- und Pflanzenwelt stehen geometrische Muster und von der Musik inspirierte Sequenzen. Da stechen Gelsen, traben Pferde über die Bühne, taucht Nijinskys Faun auf, wiegen sich Bäume im Wind, wird eisgelaufen – alles getanzt. Besonders gelungen ist die grafische Umsetzung der Komposition. Aus Rhythmen werden beeindruckend getanzte Achterschleifen mit schnellen Richtungswechsel nach vier oder zwei Schritten. Drehungen und Spiralen durchziehen das Stück wie Leitmotive.

Der schönste Moment stellt sich beim vierten Konzert „L’inverno“ („Der Winter“) ein. Der Methode Vivaldis folgend, wird ein Gedicht von Asmaa Jama eingespielt. Zu „We, the salvage“ verwandelt sich die Bühne in eine kalte und graue Landschaft, der Bewegungsfluss kommt zum Stillstand – einer düsteren Prognose für die Zukunft gleich.

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