Ideale Verbindung von Emotion und Interpretation

Kritik: Die amerikanische Sopranistin Renée Fleming ist eine Ausnahmekünstlerin, die auch im deutschen Fach zu Hause ist.

Wenn sie zur musikalischen Audienz bittet, sind volle Säle, Jubel und Blumensträuße quasi vorprogrammiert. Denn Renée Fleming ist eine Ausnahmekünstlerin, die auch im deutschen Fach zu Hause ist. Das demonstrierte die amerikanische Sopranistin wieder eindrucksvoll im Goldenen Saal des Musikvereins. Auf dem Programm: Lieder von Hugo Wolf, Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Alexander Zemlinsky und Erich Wolfgang Korngold.
Eine kluge Zusammenstellung, die ins Wien der Jahrhundertwende und weit darüber hinaus führte, bei der es mehrere musikhistorische Schnittpunkte gab und gibt. Vor allem aber war mit Renée Fleming eine großartige Stilistin angetreten, die mit ihrem betörenden Sopran all dieses Piecen wundervoll zum Leben erweckte. Dass sie sich manche Höhen mehr erringen als ersingen musste, ist vernachlässigbar.

Vollendete Einheit

Denn Wolfs „Anakreons Grab“, Mahlers „Um Mitternacht“ oder „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ hört man so nicht alle Tage. Gleiches gilt für Schönbergs „Erwartung“ und „Jane Grey“ sowie die Lieder eines Zemlinsky oder Korngold. Hier kann Fleming ihren schönen, hell timbrierten, lyrischen Sopran einfach fließen lassen. Da stimmen die großen Legato-Bögen, da finden Emotion und Interpretation zu einer unfassbaren Einheit. Denn die Fleming ist eine extrem kluge Gestalterin, kann auch ihr samtenes Timbre hervorragend einbringen.
Am Klavier war ihr dabei der polnische Pianist Maciej Pikulski ein adäquater, uneitler, sehr sicherer Begleiter. Die Zugaben? Wieder Korngold (gewidmet der verstorbenen Lisa della Casa), Johann Strauß („I love Vienna“) und George Gershwins populäres „Summertime“. Verständlich, dass dem Publikum ganz warm ums Herz wurde. Jubel.

KURIER-Wertung: **** von *****

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