Horrorfilm mit Hunter Schafer: Blutrausch statt Alpenglühen

Hunter Schafer als US-Teenagerin in einem unheimlichen bayerischen Hotelresort: Familienhorror „Cuckoo“ von Tilman Singer 
Der deutsche Horror-Regisseur Tilman Singer über seinen neuen Schocker „Cuckoo“, in dem „Euphoria“-Serien-Star Hunter Schafer die Hauptrolle spielt

Ein junges Mädchen wälzt sich schlaflos im Bett. Im unteren Stock des Hauses hört man die lauten Stimmen seiner Eltern, die gerade einen heftigen Streit ausfechten. Die gequälte Tochter steht auf, verlässt ihr Zimmer und verschwindet Richtung Nacht. So beginnt der Horrorfilm „Cuckoo“ (Filmstart: Donnerstag) von Tilman Singer.

„Ich hatte eine schöne Kindheit“, sagt der deutsche Regisseur im KURIER-Gespräch und lacht: „Aber ich kenne diese Momente, wo man im Bett liegt, nicht schlafen kann und unten die Fetzen fliegen.“ Eine Familienszene, die sich auch bestens für Horrorszenarien eignet: „Bei den Dreharbeiten hat es auch das Filmteam ganz schön erwischt. Einem Mitarbeiter aus dem Kameradepartment ist der kalte Schweiß ausgebrochen, weil er sich sofort an seine eigene Kindheit erinnert hat.“

Der gebürtige Leipziger Tilman Singer ist einer jener raren deutschen Regisseure, die ausgerechnet im Horrorfach Furore machen. Mit seinem gruseligen Abschlussfilm „Luz“ (2018) an der Kunstuniversität in Köln erregte er in der Genre-Welt viel Aufmerksamkeit. Dadurch erhielt Singer – übrigens ein großer Fan von „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala – bereits für seinen zweiten Spielfilm „Cuckoo“ großflächig internationale Unterstützung. Und dank der Besetzung der Hauptrolle mit dem Jugendidol Hunter Schafer aus der Serie „Euphoria“ gelang ihm ein echter Coup: „Sie besitzt eine Lässigkeit, die aber völlig ungezwungen daherkommt“, schwärmt der 36-jährige Regisseur, der Schafer schon vor ihrem globalen Durchbruch gecastet hatte: „Und sie kann beim Spielen einen unglaublich emotionalen, inneren Pool anzapfen.“

Horrorfilm mit Hunter Schafer:  Blutrausch statt Alpenglühen

Regisseur Tilman Singer: „Bin gerne in den Alpen“

Schafer verkörpert in „Cuckoo“ eine 17-jährige Teenagerin namens Gretchen, die widerwillig ihr amerikanisches Zuhause verlassen hat, um mit ihrem Vater und seiner neuen Familie in ein Ferienresort in den bayerischen Alpen zu übersiedeln. Dort beherrscht ein gewisser Herr König, sinister gespielt von dem Briten Dan Stevens („Ich bin dein Mensch“) die Hotelanlage. Gretchen übernimmt einen Job als Rezeptionistin und beobachtet alsbald höchst unheimliche Dinge: Frauen wanken somnambul durch die Lobby und übergeben sich, eine verhüllte Gestalt verfolgt Gretchen mit ihrem markerschütternden Schrei.

Warum ausgerechnet die bayerische Bergwelt als Schauplatz für Mystery-Horror herhalten muss?

„Weil ich gerne in den Alpen bin“, erzählt Tilman Singer vergnügt: „So ein Tal bietet sich gut als Arena für ein Horrorszenarium an.“

Außerdem gefalle es ihm, durch die Linse des US-Kinos auf die deutsche Bergwelt zu blicken, die dort oft wie eine Märchenwelt in Lederhosen aussehe – ungefähr so wie Österreich in „The Sound of Music“: „Daher kam die Entscheidung für die Alpen.“

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Sinister: Dan Stevens als Herr König in "Cuckoo"

Entrückte Welt

Zeitlich ist der auf analogem Filmmaterial gedrehte „Cuckoo“ schwer einzuschätzen – eine Unschärfe, durch die sich die Beklemmung der Atmosphäre verstärkt: Die Protagonisten besitzen Handys, telefonieren aber gleichzeitig mit altmodischen Apparaten. Gretchens Stiefmutter trägt Kleider im Sixties-Design, Gretchens Kollegin an der Rezeption erscheint im kompletten Eighties-Outfit, Gretchen selbst ist stilistisch zwischen den Neunziger- und den Nullerjahren zu Hause: „Mein Production Designer und ich vermischen gerne die Jahrzehnte, um eine zeitentrückte Verwirrung einzubauen“, sagt Tilman Singer: „Dadurch entsteht eine Parallelwelt, auf die man sich wie in einen eigenen Kosmos einlassen muss.“

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