Die Jahre beim Rolling Stone

Hunter S. Thompson, a renegade journalist whose ÓgonzoÔ style threw out any pretense at objectivity and established the hard-living writer as a counter-culture icon, fatally shot himself at his Colorado home late February 20, 2005, police said. He was 67. Thompson's son, Juan, released a statement saying he had found his father dead from a self-inflicted gunshot wound to the head at the writer's Owl Creek farm near Aspen. Thompson is pictured entering a New York television studio for an interview in this June 10, 1997 file photo. (B&W ONLY) REUTERS/Christian Thompson/Files
Mit dem Buch "Die Rolling Stone Jahre" erschienen nun die letzten fehlenden Reportagen von Hunter S. Thompson auf Deutsch.

Als Hunter S. Thompson im Jänner 1970 den ersten Brief an den Rolling Stone-Gründer Jann S. Werner schrieb, war das Magazin noch weitgehend unbekannt. Es war noch nicht DAS Musikmagazin schlechthin und es hatte noch keinen Autor wie Thompson, der anschließend 34 Jahre lang mehr oder weniger regelmäßig Geschichten dafür lieferte - keine einzige über Musik. Der Gründer des Gonzo-Journalismus kümmerte sich lieber um Sport, Politik und seinen Lieblingsfeind Richard Nixon - mit dem er später auch einmal während einer Autofahrt über Football diskutieren durfte.

Die Jahre beim Rolling Stone
Das vor kurzem erschienene Buch "Hunter S. Thompson - Die Rolling Stone Jahre" versammelt nun alle Reportagen, die Thompson zwischen 1970 und 2004 für das Magazin geschrieben hat. Damit ist erstmals das ganze Schaffen des exzentrischen Autors in deutscher Sprache zu lesen und zu erfahren. Zwischen den einzelnen Geschichten sind  zahlreichen, zum Teil ausschweifenden, Briefwechseln zwischen HST - so das selbstgewählte Akronym des Schrifstellers - und Werner zu lesen.

Die mehr als 760 Seiten geben dabei nicht nur einen guten Überblick über die gesellschaftlichen Veränderungen in den USA, sondern beschreiben auch die Biografie des Autors und vor allem seine neue Art der journalistischen Herangehensweise, dem Gonzo-Journalismus.

Gonzo - die radikale Ich-Perspektive

1979 erwähnte erstmals das "Webster's Dictionary" den Begriff "Gonzo" und beschrieb ihn als "bizarre, hemmungslose Form des subjektiven Journalismus." Ursprünglich ging das Wort allerdings auf Bill Cardoso, einem Journalisten beim Boston Globe, zurück. Dieser schrieb auf einem Schmierzettel zu einer von Thompsons Geschichten: "Verdammt heiße Sache. Volltreffer. Das ist es, das ist Gonzo pur." HST gefiel das Wort und verwendete es fortan für seinen Reportagestil, der mittlerweile sogar auf dem College-Lehrplan steht. Den Durchbruch schaffte HST mit seinem 1966 erschienen Buch über die Hells Angels. Sein bekanntestes Werk "Fear and Loathing in Las Vegas", das Jahre später mit Johnny Depp in der Hauptrolle des "Raoul Duke" (Thompsons Alter Ego) verfilmt wurde, erschien vorab als kürzere Reportage im Rolling Stone und ist somit auch im Buch zu finden. 

Exzess in Khaki-Shorts

HST war mit Sicherheit kein einfacher Zeitgenosse. Nicht nur dass er dem Alkohol nicht abgeneigt war und quasi in der Apotheke frühstückte, soll der meist in Khaki-Shorts gekleidete Exzentriker unter anderem mit Reizgas, Golfschlägern, Elektroschockern, Spritzen und sogar mit Schrotflinten auf seine Mitmenschen losgegangen sein. Der selbsternannte "Freak" hatte einen ausgesprochenen Fable für Waffen, den er besonders mit einem skurrilen Auftritt in der "Conan O'Brien"-Show unter Beweis stellte. Thompson willigte dem Gespräch nur ein, wenn das Treffen in freier Natur stattfinde und diverse großkalibrige Waffen und hochprozentiger Alkohol zur Verfügung stehe. 1997 wurde die Sendung ausgestrahlt und zeigte unter anderem, wie O´Brien und HST mit einem Maschinengewehr auf einen Teddybear und eine Pappfigur schossen (siehe Video unten).

Ähnlich sieht es auch Wenner, der im Vorwort Thompsons jeweilige Reportagereise "mit einem Feldzug" vergleicht. Für diese Feldzüge wurde er vom Rolling Stone mit Schreibmaschinen, Faxgeräten und Unmengen an Drogen und Alkohol versorgt, erinnert sich Wenner weiter. Dass sich das gelohnt hat, beweist dieses Buch mehr als eindrücklich.

Er starb wie er lebte - schnell und mit einem lauten Knall

Am 20. Februar 2005 schrieb er einen kurzen Abschiedsbrief und erschoss sich an seinem Schreibtisch in Aspen mit einer 45er. Seine Freunde - darunter Johnny Depp - stellten im Garten seines Anwesens, der "Owl Farm", eine 47 Meter hohe Kanone auf, verpackten die Asche in 34 Feuerwerkskörper und schossen sie in den Abendhimmel. Vergessen wird Hunter S. Thompson sicher nicht so schnell. Zu freakig war sein Lebensstil, zu einzigartig seine Geschichten. Er schrieb in "Fear & Loathing in Las Vegas" über seinen Anwalt etwas, das auch auf ihn selbst zutrifft:

"Da geht er hin, einer von Gottes eigenen Prototypen, ein aufgemotzter Mutant von der Sorte, der nie zur Massenproduktion in Betracht gezogen wurde: Zu spleenig zum Leben und zu selten zum Sterben."

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