Horrorroman ohne Tintenfischgesichter

Horrorroman ohne Tintenfischgesichter
In "Lovecraft Country" vom Amerikaner Matt Ruff sind die Ungeheuer vor allem Rassisten.

Der Horror, über den der Amerikaner H. P. Lovecraft (1890–1937) schrieb, war immer auch die Suche nach den Ungeheuern  in uns.
Folglich meint Matt Ruff mit dem Titel seines neuen Romans „Lovecraft Country“ ... Amerika.
Amerika 1954: Ein Afroamerikaner fährt  durchs Land, er hat für sein Land im Koreakrieg gekämpft, aber nun muss er einen speziellen Reiseführer dabei haben, in dem steht, in welchen Hotels und Restaurants einem Schwarzen keine Gefahr droht.
Ungeheuer-lich.

Comics

Nicht einmal Reifen bekommt Atticus Turner in der nächsten Werkstatt, als sein Wagen  einen Patschen hat. „Nein“, sagt der weiße Mechaniker. „Nein.“
Der New Yorker Matt Ruff erzählt von acht Abenteuern des 22-Jährigen zwischen Monstern, die nicht alle aussehen wie Lovecrafts Hunderte Millionen Jahre alter Cthulhu, also Tintenfischkopf und lange Flügel.
Seine Jugendfreundin Letitia ist dabei. Sie hat einen Revolver. Sheriffs sind für Schwarze genauso gefährlich und rassistisch wie Gespenster.
Ruff ist ein ausgezeichneter Entertainer. Er macht Comics ohne Zeichnungen. Die Bilder entstehen ohnehin sofort. In „Fool on the Hill“ (1991) brachte er Studenten einer Universität mit Kobolden und Rattenkriegern zusammen,  in „Bad Monkeys (2008) haben die Bücher in der Leihbibliothek Augen ...
Manchmal nervt er mit zu vielen Überraschungen.
In „Lovecraft Country“ passt es. Es ist (wieder) ein Roman, in dem er so nebenbei den Hut zieht vor den alten sogenannten Schundheftln, vor Fantasy und vor Science Fiction, vor Ray Bradbury und Philip K.

Dick Rowland

Dass der Geheimbund der Alten Morgenröte die Welt beherrschen will – soll sein.
Angsteinflößender ist, was in US-Schulen selten in den Unterricht einfließt und im Roman erzählt wird: Der 18-jährige afroamerikanische Schuhputzer Dick Rowland stolperte – Mai 1921 – in einem Lift und hielt sich kurz an einer 17-jährigen Weißen fest.  Er wurde verhaftet. Der Mob wollte Rowland lynchen, Schwarze beschützten den Burschen.
37 Tote.

 

Matt Ruff:
Lovecraft
Country“
Übersetzt von
Anna und Wolf Heinrich Leube.
Hanser Verlag.
432 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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