Hannah Herzsprung: "Habe einen krassen Anspruch an mich selbst"

Eine Frau mit Mikrofon spielt Klavier auf einer Bühne.
In dem Fortsetzungsdrama "15 Jahre" von Chris Kraus greift die deutsche Schauspielerin ihre Durchbruchsrolle als Aggressiv-Pianistin Jenny von Loeben wieder auf.

15 Jahre sind eine lange Zeit, vor allem, wenn man sie im Gefängnis verbringt. Noch dazu unschuldig.

15 Jahre hat die talentierte Pianistin Jenny von Loeben eine Haftstrafe für eine Tat abgesessen, die nicht sie begangen hat, sondern ihr damaliger Freund. Wie es dazu kam, erfährt man in dem Drama "Vier Minuten" von Chris Kraus.

Als der Film 2006 heraus kam, wurde er weder von der Berlinale, noch von den deutschen Verleihern angenommen. Er musste erst den Umweg über China nehmen, ehe er in Deutschland zum großen Erfolg avancierte und Hauptdarstellerin Hannah Herzsprung zu ihrem großen Durchbruch verhelfen sollte.

Nun folgt die Fortsetzung "15 Jahre" (derzeit im Kino): "Man muss 'Vier Minuten' nicht kennen, um ,15 Jahre‘ zu verstehen", sagt Hannah Herzsprung im KURIER-Gespräch in Wien: "Ich finde, '15 Jahre' steht für sich."

Tatsächlich kehrt die Pianistin Jenny von Loeben nach verbüßter Haftstrafe ungebrochen hasserfüllt auf Gott und die Welt in die Freiheit zurück. Halt sucht sie in einer christlich angehauchten Wohngemeinschaft, in der sie von einer Psychologin (Adele Neuhauser) betreut wird. Ihre Aggressionsschübe eskalieren, als sie bemerkt, dass ihr Ex-Lover (Albrecht Schuch), für den sie ins Gefängnis gegangen war, mittlerweile Karriere als Rockstar namens Gimmiemore gemacht hat.

Zudem ist er Host einer zynischen Talente-Show für Menschen mit Behinderung. Jenny beschließt, mit dem syrischen Pianisten Omar (Hassan Akkouch), der im Krieg einen Arm verloren hat, aufzutreten – und sich an Gimmiemore zu rächen.

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Sich gehen lassen

Als sie von Chris Kraus gefragt wurde, ob sie wieder die Jenny spielen wolle, habe sie sofort Ja gesagt, beteuert Hannah Herzsprung: "Es war spannend, auf einmal wieder mit dieser Figur inhaltlich verbunden zu sein und zu sehen, wo die Reise hingeht."

Zwei Frauen stehen in einer städtischen Umgebung und schauen einander an.

Hannah Herzsprung (li.) und Adele Neuhauser in "15 Jahre"

Wie, zum Beispiel, sieht jemand nach 15 Jahren Gefängnis aus?

"Ich dachte, sie lässt sich ein bisschen gehen, ähnlich wie Charlize Theron in ihrer Rolle als Rächerin in 'Monster'. Ich habe angefangen, gut zu essen", erzählt die Schauspielerin und lacht: "Ich habe mich gehen lassen."

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Doch diese Gangart erwies sich als falsch: "Anstatt die Kraft, die Jenny ausmacht, zu bündeln, bin ich schwächer geworden. Ich hatte über meinen Körper keine Kontrolle mehr, sondern es war mir egal. Und das war ganz falsch, weil Jenny richtig kraftvoll sein musste."

Ein Mann mit blonden Haaren und Pelzmantel steht in einem Raum.

Albrecht Schuch als Rockstar in "15 Jahre"

Was folgte, war das komplette Gegenteil: "Ich begann richtig krass zu trainieren." Tägliches Kraft- und Lauftraining verwandelten die zarte Schauspielerin in ein kompaktes Muskelpaket: "Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so stark wie während der Drehzeit."

Auch ihre Auftritte als virtuose Pianistin am Klavier hat sich Herzsprung hart erarbeitet. Nicht nur Krafttraining, auch Klavierspielen stand sieben Monate vor Drehbeginn auf ihrem streng durchgetakteten Tagesprogramm: "Man muss üben, üben, üben. Und zwar jeden Tag. Denn im Kino sieht man alles. Ich habe da einen krassen Anspruch an mich selbst. Da bin ich Perfektionistin."

Eine Frau raucht eine Zigarette, während ein Mann sie aufmerksam beobachtet.

Treten gemeinsam bei der Talente-Show auf: Hannah Herzsprung und Hassan Akkouch in "15 Jahre"

Wenn es sein muss, geht die Schauspielerin auch an Grenzen. Als sie damals beim Casting für die Rolle der Jenny in "Vier Minuten" erstmals vorsprach, war sie die Einzige, die auf Regieanweisung hin ein Blatt Papier gegessen hat: "Ich wollte diese Rolle so sehr. Wenn ich etwas will, dann habe ich eine unglaubliche Kraft."

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Sorgen darüber, sich mit der Reprise am eigenen großen Jugenderfolg messen zu müssen, hat sich Hannah Herzsprung keine gemacht: "Das Gute ist, dass ich beim Drehen tatsächlich nicht mehr nachdenke. Da geht es mir einfach um den Moment."

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