Handke bestreitet, jugoslawische Staatsbürgerschaft zu haben
Zur Diskussion um seinen jugoslawischen Pass hat sich Peter Handke nun selbst geäußert. Er habe keine jugoslawische Staatsbürgerschaft, sondern habe den Pass erhalten, „um zu reisen“, erklärte Handke dem Belgrader Boulevardblatt „Vecernje novosti“ (Freitagausgabe). Auf die Frage, ob er nun den Verlust seiner österreichischen Staatsbürgerschaft befürchte, erwiderte er nur: „Wer sagt das?“
Das US-Onlinemagazin „The Intercept“ hatte zuvor berichtet, dass dem österreichischen Schriftsteller im Jahre 1999 ein jugoslawischer Pass ausgestellt worden war. Ein Foto des Dokuments ist seit Längerem auf der Website des Handke-Archivs der Österreichischen Nationalbibliothek online einzusehen, wurde nach dem Bericht aber für kurze Zeit entfernt. Der Pass wurde am 15. Juni 1999 von der damaligen jugoslawischen Botschaft in Wien ausgestellt und war bis Mitte 2009 gültig.
Von der Belgrader Tageszeitung wurde in ihrer Freitagausgabe die Frage, wie es möglich war, einen Pass ohne die Staatsbürgerschaft Jugoslawiens zu erhalten, nicht geklärt. Serbien ist seit 2006 die Rechtsnachfolgerin der einstigen Bundesrepublik Jugoslawien bzw. des Staatenbundes Serbien-Montenegro.
"Staatsbügerschaft nicht zwingend verloren"
Die Kärntner Behörden müssen im Zusammenhang mit dem jugoslawischen Pass für den Schriftsteller Peter Handke eine ganze Reihe von Fragen klären. Für den Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk ist jedenfalls der Verlust der Staatsbürgerschaft allein durch die Entgegennahme eines jugoslawischen Reisepasses nicht zwingend, wie er am Freitag gegenüber der APA erklärte.
„Die Tatsache eines Reisepasses ist noch kein Beweis für die Verleihung der Staatsbürgerschaft“, sagte Funk. Es müsse geklärt werden, ob Handke die Verleihung beantragt habe, man könne nicht von vorneherein davon ausgehen, dass der Pass eine Staatsbürgerschaft belege. Er nehme zwar an, dass auch in Serbien bzw. im damaligen Jugoslawien die Staatsbürgerschaft eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses gewesen sei. „Es könnte aber auch sein, dass die Regeln einfach nicht eingehalten worden sind.“ Anders wäre es wohl, wenn Handke um die jugoslawische Staatsbürgerschaft angesucht und daraufhin den Pass bekommen hätte. „Hier muss man alle Details genau prüfen“, so Funk.
Geklärt ist bereits, dass Handke 1999 definitiv keinen Antrag auf Doppelstaatsbürgerschaft gestellt hat. Bis wann die Kärntner Landesamtsdirektion, die am Donnerstag mit der Prüfung der Causa beauftragt wurde, diese abgeschlossen haben wird, ist derzeit völlig offen. Die Behörde soll nun genau jene Fragen klären, die Funk aufgeworfen hat; nämlich ob es möglich ist bzw. damals möglich war, dass Handke zwar einen jugoslawischen Pass erhalten, aber keine Staatsbürgerschaft in diesem Land beantragt und zugesprochen bekommen hat. Dafür wird wohl die serbische Botschaft in Wien oder die serbische Regierung in Belgrad kontaktiert werden müssen. Zu klären gelte es auch, wie es um die Frage der Rechtsnachfolge geht, nachdem Jugoslawien nicht mehr existiert.
Sollten die Behörden zu dem Schluss kommen, dass der diesjährige Nobelpreisträger für Literatur die österreichische Staatsbürgerschaft mit der Annahme des Reisepasses verloren hat, muss überdies geklärt werden, ob Handke erneut um die Staatsbürgerschaft ansuchen kann und ob sie ihm gewährt werden könne. Der Verlust der Staatsbürgerschaft hätte zudem auch praktische Auswirkungen: Handke lebt als EU-Bürger in Paris. Wie sein Status als Staatenloser oder als Serbe dort wäre, ist völlig offen.
Autoren gegen „Anti-Handke-Propaganda“
Mehrere österreichische Schriftsteller kritisieren in einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief die „Anti-Handke-Propaganda“ der vergangenen Tage und Wochen. Unterzeichnet wurde der Brief von den Autoren Daniel Wisser, Doron Rabinovici, Julya Rabinowich und IG-Autorinnen Autoren-Geschäftsführer Gerhard Ruiss. Auch der Germanist und Bachmannpreis-Juror Klaus Kastberger hat unterschrieben.
„Die Kritik an Peter Handke hat längst den Boden vertretbarer Auseinandersetzungen unter den Füßen verloren, sie besteht nur noch aus Hass, Missgunst, Unterstellungen, Verzerrungen und ähnlichem mehr, sie ist zu einer Anti-Handke-Propaganda verkommen, der jedes Mittel Recht ist, um gegen Peter Handke Recht zu behalten“, heißt es in dem Schreiben, an dessen Ende weitere Autoren dazu aufgerufen werden, sich dem Protest anzuschließen.
„Es ist bestürzend, welcher Hass sich über einen Autor und sein Lebenswerk ergießt, der konsequent und radikal ohne erkennbaren Vorteil für sich selbst, vielmehr sogar noch zum eigenen Schaden, die Autonomie seiner schriftstellerischen Existenz gegen die an ihn und alle anderen Schriftsteller/innen gerichteten Erwartungshaltungen behauptet“, so die Autoren weiter. Die „Anti-Handke-Propaganda“ rechne nicht nur mit Handke ab, „sie rechnet mit jedem störenden Einfluss in öffentlichen Auseinandersetzungen von Autorenseite ab“.
Man habe sich in der Vergangenheit „nicht mit unseren ausgebürgerten Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern solidarisiert, um jetzt eine angezettelte Ausbürgerungsdebatte um Peter Handke bei uns stillschweigend zu übergehen“, so das Fazit der Unterstützer, die die Rolle Medien kritisieren. „Der Wille zum Totalitarismus selbst bei sich für liberal haltenden Medien ist nur noch erschreckend.“
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