Von Susanne Zobl
Also Szenenwechsel zum „Musiktheater“ pur. De Billy führt am Pult des Mozarteumorchesters Salzburg vor, was sich ereignen kann, wenn ein Dirigent ein veritables Drama zu entfachen versteht. Er baut die Spannung Takt für Takt auf, lässt in manchen Passagen etwas Süßliches wie einen Hauch schweren Parfüms durchwehen, generiert aufwühlende kammermusikalische Passagen wie für einen Thriller und geht auf das Solisten-Ensemble einfühlsam ein.
Man könnte anmerken, dass die Streicher einen eher markanten und nicht den goldenen Klang der Wiener Philharmoniker haben. Die fordernden Bläser-Soli werden mit Bravour absolviert und geben die großen Emotionen wieder. Diese explodieren im Gesang wie ein Feuerwerk de luxe.
Psychopathisch
Stéphane Degout ist der psychopathische Prinz, der, vom Geist seines Vaters angetrieben, dessen Mord rächen will. Dieser Bariton bringt alles mit, was man für diesen Hamlet braucht: Noblesse, fulminante Phrasierungen, ein bis ins Metallene gleißendes Timbre, Schärfe, Wortdeutlichkeit und eine phänomenale Piano-Kultur. Atemberaubend intoniert er das „Être ou ne pas être“ („Sein oder nicht sein“). Anders als bei Shakespeare kommt bei Thomas der Dänenprinz am Ende nicht zu Tode, sondern auf den Thron. Denn das Libretto orientiert sich am Drama von Alexandre Dumas d. Ä. Thomas schuf große Arien für Sänger, die sich mit Emphase in Szene setzen. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen Hamlet und Ophelia. Was Lisette Oropesa in dieser Partie leistet, ist fulminant. Virtuos perlen ihre Koloraturen. Das wie goldener Honig leuchtende Timbre ihres Soprans betört in den lyrischen Passagen. Da fehlt nichts. Ihre mit höchster Intensität vorgetragene Wahnszene versetzt das Publikum in Euphorie.
Auch die anderen Rollen sind exzellent besetzt. Jean Teitgen überzeugt als Claudius durch seine Präsenz. Ève-Maud Hubeaux ist als dramatische Gertrude ganz in ihrem Element. Clive Bayley vermittelt die Dämonie des Geists des ermordeten Königs von den oberen Gängen der Felsenreitschule. Tenor Julien Henric lässt als Laërte aufhorchen. Liam James Karai und Raúl Gutiérrez ergänzen achtbar als Horatio und Marcellus, Ilya Silchuk und Seungwoo Simon Yang als Totengräber. Famos der Philharmonia Chor Wien (Einstudierung: Walter Zeh). Zu Recht wurden alle Beteiligten bejubelt.
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