Yannis Niewöhner als Drachentöter: „Ein Typ, den man nicht mögen muss“
Interview mit Jungstar Jannis Niewöhner, der in dem blutigen Mittelalterepos „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ den Helden Siegfried von Xanten spielt – Deutschlands Antwort auf „Game of Thrones“
Im Nibelungenlied ist Hagen von Tronje der Böse. Zwar gilt der einäugige Kämpfer als tapfer und treu, gleichzeitig jedoch erscheint er grimmig, finster und verschlagen. Ihm gegenüber steht der junge, kühne Held Siegfried von Xanten, Ehegemahl der schönen Kriemhild, Schwester des Burgunderkönigs Gunter.
Es ist der schaurige Hagen von Tronje, der den strahlenden blonden Drachentöter feige ermordet, indem er ihm in die einzig Stelle zwischen den Schulterblättern, die nicht durch das Drachenblut unverwundbar geworden ist, einen Speer in rammt.
So erzählt es das mittelalterliche Heldenepos. Nicht aber Fantasy-Schriftsteller Wolfgang Hohlbein, der sich in seinem Roman „Hagen von Tronje“ dichterische Freiheiten nahm und 1986 das Nibelungenlied umdichtete. Auf seiner Buchvorlage beruht das neue Fantasy-Heldenepos „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ (Kinostart: Donnerstag), Deutschlands Antwort auf „Game of Thrones“ und „Herr der Ringe“. Unter der Regie von Cyrill Boss und Philipp Stennert („Der Pass“, „Neues vom Wixxer“) entstand eine düstere Mittelaltersaga, die von blutrünstigen Kriegen, betrogener Liebe und Palastintrigen erzählt. Parallel dazu entstand eine sechsteilige Serie, deren Ausstrahlung für 2025 auf RTL+ geplant ist.
In der neuen Lesart von „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ ist Siegfried von Xanten (Jannis Niewöhner) nicht mehr der schillernde und makellose Held wie in der Sage, sondern ein respektloser Aufsteiger, der sich selbst nicht im Griff hat und überall Streit sucht – gerne auch betrunken. Das Image seines Gegenspielers Hagen (Gijs Naber) wurde deutlich aufpoliert. Der düstere Bartträger avanciert zum wahren, wenngleich etwas langweiligen Helden der Geschichte und handelt gemäß seines Ehrenkodex. Sein besonnenes Auftreten steht in krassem Gegensatz zu Siegfrieds hitzköpfigen Temperament: „Ja“, sagt Jannis Niewöhner über seinen Anti-Helden im KURIER-Gespräch zu: „Siegfried ist eindeutig ein Typ, den man nicht mögen muss. Er ist respektlos und hat ganz viele abstoßende Eigenschaft. Vielleicht versteht man ihn mit der Zeit besser, weil man erahnen kann, dass er einen schmerzhaften Weg hinter sich hat. Letztendlich ist er für mich ein traumatisierter Junge.“
Siegfried auf Video
Jannis Niewöhner kennt das Nibelungenlied rund um Siegried schon, seit er ein Kind ist. Gemeinsam mit seiner Großmutter sah er sich einen Nibelungen-Zweiteiler aus den 1960er-Jahren immer wieder auf Videokassetten an. Dass die Heldensage nun mit der Schönschreibung von Hagen einen neuen Spin bekam, findet er gut, denn die „ursprüngliche Version hätte ich, ehrlich gesagt, nicht besonders interessant gefunden“.
„Hagen – Im Tal der Nibelungen“ findet der 32-Jährige hingegen richtig spannend, weil die Figuren „als brüchige Figuren“ erzählt werden: „Sie sind nicht mehr eindimensional gut oder böse, sondern widersprüchlich. Und ganz besonders Siegfried lässt sich nicht einschätzen. Das fand ich seht gut. Und ich fand es zeitiger und moderner, jemanden wie Siegfried nicht als strahlenden Helden zu erzählen, sondern als widersprüchliche Person.“
Tatsächlich taucht der sagenumwobene Drachentöter Siegfried von Xanten ganz plötzlich auf dem Hofe von Burgund auf. Frech, arrogant und gut aussehend, fordert er Gunter zum Duell heraus. Anstelle eines Kampfes schließen die Männer schließlich Freundschaft: Nicht nur unterstützt Siegried König Gunter im Schlachtengetümmel gegen seine Feinde, sondern hilft ihm auch bei der Brautwerbung um die kämpferische Brunhilde. Zudem lacht er sich Gunters Schwester Kriemhild an, die wiederum heimlich von Waffenmeister Hagen geliebt wird.
Und obwohl Hagen und Siegfried gemeinsam für Gunter in die Schlacht ziehen, entsteht zwischen ihnen zunehmend Konkurrenz.
Hagen – Im Tal der Nibelungen In dem deutschen Fantasy-Mittelalterepos (ab Donnerstag im Kino), wird die Nibelungensage umgedeutet: Hagen von Tronje (Gijs Naber) ist ein Held, Drachentöter Siegfried (Yannis Niewöhner) ein unberechenbarer, wilder Kämpfer. Ab 2025 startet die gleichnamige sechsteilige Serie auf RTL+
Jannis Niewöhner Geboren 1992 in Krefeld, verkörpert Jannis Niewöhner den unberechenbaren Siegfried. Bekannt wurde er als Gideon de Villiers in der „Edelsteintrilogie“. Weiters spielte er in „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“, „Jugend ohne Gott“ und „Narziss und Goldmund“
Untreuer Siegfried
Gedreht wurde in Island und Tschechien – teilweise in winterlichen Landschaften. Die Herausforderung war groß für Niewöhner, der immer wieder mit Krankheit kämpfte und für die spektakulären Schlachtenszenen aufwendiges Reit- und Schwerkampf-Training absolvierte: „Wir haben mit einem Stunt-Team zusammengearbeitet, das viele Mittelalterfilme macht. Das war besonders toll.“
Die jeweilige Kampftechnik sage viel über eine Figur und ihren Charakter aus, erzählt der Schauspieler: „Siegfried kämpft leidenschaftlich und ungeplant. Zu kämpfen und zu zerstören schafft eine kurze Befriedigung und hinterlässt dann eine Leere.“
In seiner Liebesbeziehung zu Kriemhild verhält sich Siegfried wenig edelmütig und betrügt seine Geliebte: „Er hat Liebe in seinem Leben erfahren, kommt aber immer zwanghaft zu dem Moment, wo er alles fallen lässt und nicht anders kann, als weiterzukämpfen. Er hat etwas Selbstzerstörerisches. Das finde ich zutiefst tragisch.“
Er selbst sei übrigens kein großer Fantasy-Fan, muss Yannis Niewöhner zugeben, meint aber, dass in „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ zeitlose Elemente stecken – etwa die Frage, die sich mit dem provokanten Auftauchen Siegfrieds stellt: „Wie schafft man es, dass eine Gesellschaft, die aus ganz unterschiedlichen Individuen und Lebensweisen besteht, gemeinsam als Gesellschaft funktioniert? Das ist die große Frage des Films. Das ist, finde ich, die aktuellste Frage überhaupt, was unsere Gesellschaft angeht.“
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