"Haben dem Krebs den Krieg erklärt"
Es war das große Trauma ihres Lebens: als Valérie Donizelli und ihr Lebensgefährte Jérémie Elkaim erfuhren, dass ihr kleiner Sohn einen bösartigen Gehirntumor hat. "Nach dem ersten Schock beschlossen wir zu kämpfen", erzählt Donizelli beim Gespräch in Paris, "wir haben dem Krebs den Krieg erklärt." "La guerre est déclarée" nannte die junge Regsseurin folglich auch ihren Film, in dem sie ihre eigene Geschichte aufarbeitet. "Kein Exorzismus" sollte es sein, "kein Film über die Krankheit und deren mit horriblen Fachtermini gespickten Verlauf, sondern ein Film über das, was wir erlebt haben."
Erlebt hatten Donizelli und ihr nunmehr verflossener Lebensgefährte viel Sterilität im Krankenhaus, viele Rückschläge, aber auch viel Zuspruch. "Die Ärzte waren exzellent: Sie schenkten uns reinen Wein ein über den Zustand unseres Sohnes, nahmen uns aber nie die Hoffnung." Außerdem seien Freunde und Familie "tausendprozentig" hinter ihnen gestanden. Wann immer Jérémie und Valérie (im Film heißt das Pärchen sinnigerweise Roméo und Juliette) seelische Frischluft brauchten, übernahmen die "Schutzengel" den "Kinderdienst" im Krankenhaus.
Achterbahn
Für Donizelli ist klar: "Ich hätte den Film nie machen können, wenn mein Gabriel nicht geheilt worden wäre." Seit drei Jahren gilt der nunmehr Neunjährige als gesund. "Das war der entscheidende Moment, als die Ärzte uns sagten, es ist alles wieder in Ordnung. Endlich waren wir nicht mehr gefangen in unserem Gefängnis von Angst und Schmerz."
Donizelli entführt die Zuschauer in "Das Leben gehört uns" (so der viel schwächere deutsche Filmtitel) in ihre eigene Achterbahn der Gefühle: Verzweiflung und Panik, Zusammenreißen fürs Kind, schlaflose Nächte, Gereiztheit, Streit mit dem Partner, schließlich grenzenlose Erleichterung. "Weil mich das Thema so persönlich betraf, konnte ich ganz anders erzählen. Konnte viel mehr von uns zeigen und schonungsloser sein, als wenn ich vom Thema keine Ahnung gehabt hätte. Wie Juden, die über sich selber viel mehr sagen dürfen als andere." Gabriel hat den Film über sich und sein Leiden inzwischen auch gesehen, weil ihn "all seine Freunde in der Schule darauf ansprachen". Die Angst sitzt allen noch immer in den Knochen: "Die Unbeschwertheit findet man nie wieder."
Kommentare