Lieber nicht tanzen
So erklärt Paal zum Beispiel, dass Sprache eh wichtig ist, denn: „Wenn ich das, was ich Ihnen erzählen will, tanzen müsste, würden Generationen an Waldorfpädagogen in den Selbstmord getrieben.“
An anderer Stelle sagt er sogar: "Ich finde Sprache toll: Man hat dauernd was im Mund und wird davon trotzdem nicht dick."
Das Wittgensteinsche Schweigen über das, worüber man nicht sprechen könne, helfe schließlich auch nicht weiter.
Und: Sogar Paarhufer könnten den Gehalt von Konditionalsätzen vermitteln: „Waunn’s is, hau’ i di nieder.“
Pavian-Paarungen
Über das Imponiergehabe in der Tierwelt scheint Paal überhaupt besonders gern zu parlieren. Dscheladas zum Beispiel. Die markanten Fangzänge dieser afrikanischen Paviangattung würden wohl nicht dazu dienen, während des Verzehrs von Grünzeug „Heuschrecken zu überwältigen“. Es gehe schlicht um Angeberei und Auslese. Die Dschelada-Mannsbilder machen die Rechnung aber ohne ihre Weibchen, die sich unabhängig von der Begutachtung der Hauer lieber so manch „kleinwüchsigen Lustknaben“ angeln. Diese würden sich dann aber schnell wieder schleichen, bevor es um die Aufzucht der Jungen geht. Schließlich drohe auch die Gefahr, von den Alphas „aus dem Pelz geprügelt“ zu werden.
Der Mensch könne im Gegensatz dazu aber auch über Dinge reden, „die noch nicht sind“, das nenne man Planung. Oder über Dinge, „die nicht mehr sind“, das ist die Geschichte.
Untergut
Das Abschweifen in die Geschichtswissenschaft setzt an dem Zeitpunkt an, als die Menschen erkennen, dass es „untergut“ ist, „die eigene Wohnhöhle zu latrinieren“. Dann erörtert Paal, dass das Geschichtestudium zu seiner Zeit lediglich eine Aneinanderreihung von Schlachten bot. Das sei so, als würde man bei einer Autofahrt auf der Westautobahn zwischen Wien und Salzburg jede Abzweigung ansteuern, während der Hauptstrom, wo’s wirklich weitergeht, nicht beachtet würde: Der Alltag.
Dass Paal jede noch so unerwartete Abzweigung im Denken ansteuert, macht auch dieses Programm zu einem gehirnzellenfordernden Erlebnis.
Pausenaufgabe
Vor der Pause gibt es noch eine Denkaufgabe: Man möge sich einen außerhalb des unendlichen Raumes gelegenen Punkt denken. Nach der Pause bestätigt sich die Vermutung: Das geht gar nicht, weil man sich ohne räumlichen Bezug nichts vorstellen könne. Man könne höchstens versuchen, sich vorzustellen, dass der Punkt an einem anderen Tag gesetzt wird. Sein Rat: „Aber versuchen Sie’s nicht. Man verhaut sich den Abend!“
Der Abend im Stadtsaal ist auch im zweiten Teil kein Verhau. Beim Thema Künstliche Intelligenz wird Paal, der ansonsten fast gänzlich ohne Aktualitäten arbeitet (das Wort Corona kommt kein einziges Mal vor), sogar ein bisschen gesellschaftskritisch: „Da kann’s passieren, dass ma uns an’ festen Schas eintreten.“
Pifzi, Pafzi
Zwischen New York und London, erzählt er, wurde vor ein paar Jahren ein neues Glasfaserkabel verlegt, das einen weniger gekrümmten Verlauf hat als das bisherige. Sechs Tausendstel Sekunden würden dadurch eingespart. Für einen Gelegenheitssurfer nicht wahrnehmbar, aber für Börsianer offenbar der entscheidende Vorsprung. Versilbert werde dieser Vorsprung aber nicht von Hochgeschwindigkeitsmausklickern, sondern über künstliche Intelligenz. Wer solche Unterschiede auf der Welt schaffe, brauche sich über kommende Kriege nicht zu wundern. Geführt würden diese dann aber nicht von Kampfrobotern, meint Gunkl. - „Pifzi, Pafzi.“
Apropos Krieg: Würde der Mensch aus der Geschichte lernen, hätte es nur genau einen Krieg auf der Welt gegeben. Aber schon die alten Chinesen wussten, warum sie ihren Feinden wünschen: „Mögest du in interessanten Zeiten leben.“
Die gegenwärtigen interessanten Zeiten erwähnt Paal nur bei der Verabschiedung nach dem ausgiebigen Schlussapplaus: „Zum Schönsten, dass zwischen Menschen entstehen kann, zählt die Distanz!“
Lachen zwischen Plexiglas
Auf Abstand setzt man im Wiener Stadtsaal auch in diesen orangen Ampeltagen nicht. Der geräumige Saal ist ziemlich gut gefüllt, die verschiedenen Besuchergruppen werden aber durch Plexiglasscheiben voneinander getrennt.
Die Scheiben geben zumindest ein Gefühl gewisser Sicherheit. Und endlich erübrigt sich die Frage, wer als erster mit dem Ellenbogen die Armlehne besetzt.
Wer keinen Babyelefanten dabei habe, müsse sich einen vorstellen, „das hab ich auch vier Mal g’macht“, sagt Gunkl. Die Premierengäste, die am Weg von und zu den Plätzen diszipliniert die Maske aufsetzen, werden dann noch um Eines gebeten: Bei der Getränkeausgabe nicht zu frottieren.
Dazu scheint aber ohnehin kaum jemand Lust zu haben. Wo es den Ansatz eines Gedränges geben könnte, verläuft es sich recht schnell.
Termine und Tipps: gunkl.at
Infos zum Stadtsaal: stadtsaal.com
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