Johann Fischer (1919–2008) gehört mittlerweile zu der etablierten Riege der „Künstler aus Gugging“. Und obwohl die Geschichte dieser Gruppe, der es mithilfe bildnerischer Ausdrucksmittel gelang, aus der Anonymität von Psychiatriepatienten herauszutreten, vielfach erzählt wurde, ist es doch notwendig, immer wieder die einzelnen Werke und Biografien in den Blick zu nehmen, um sie nicht verblassen zu lassen.
Die aktuelle Ausstellung „visualized dreams …“ im Museum Gugging tut genau das: Neben Fischer steht hier Johann Korec (1937–2008) im Fokus, der ab 1958 in der Heil- und Pflegeanstalt Gugging lebte und ab den frühen 1960ern vom damaligen Anstaltsleiter Leo Navratil an die Kunst herangeführt wurde. Als Drittes stellt die Schau Ida Buchmann (1911–2001) vor, die ab 1966 in der psychiatrischen Klinik Königsfelden/CH lebte.
Die „Träume“, die die drei gemäß dem Ausstellungstitel visuell umsetzten, unterscheiden sich sehr – Fischer, der pedantische Kunstbürokrat, teilte primär Ansichten zum Zustand der Welt und zu seiner Vorstellung einer gerechten Ressourcenverteilung mit. Wie Museumsleiter Johann Feilacher, der Fischer über Jahre begleitete, erzählt, sendete er die Bilder, die er innerhalb eines strengen Arbeitsrhythmus „inschriftierte“, mitunter auch gern an reale Funktionsträger.
Bei Korec überwiegen dagegen sexuelle Fantasien und Vorstellungen von Zirkus-Szenarien, in denen der Künstler sich selbst als Dompteur imaginierte. Ida Buchmann wiederum flüchtete sich aus einer Welt, die ihr vermutlich nie ausreichend emotionalen Halt geboten hatte, in eine mitunter fast schlagerhafte Parallelwelt. Romantische Lieder, die sie gern vor sich hin sang, finden sich in ihren Bildern verschriftlicht und verbildlicht: „Es ist das Herz das für Dich lebte, es ist das Herz (Symbol)“ steht da neben einer in kräftigen Strichen gezogenen Frauenfigur.
Wie so oft in der Art Brut schärft die Schau den Sinn dafür, das Allgemeine vom Besonderen zu unterscheiden. Denn auch wenn sich Buchmann, Fischer und Korec bildnerischer Mittel bedienten, die nicht unbedingt per se originell waren, so besticht doch die visuelle Kraft der Bilder und ihr Einfallsreichtum im Detail: Bei Korec kann man etwa studieren, wie er abgepauste Zeitungsbilder zu eigenen Szenen arrangierte und mit starken Farben regelrecht auflud.
Buchmanns Bilder profitieren von einem energischen Strich (lösen bei Ihrem Rezensenten aber die geringste emotionale Reaktion aus), jene von Fischer entwickeln einen Sog durch ihre Akribie und die obsessiv-dichte Beschriftung. Letztere kennt man auch von anderen Künstlern, die nicht der Art Brut zugerechnet werden, Günter Brus etwa: Am Ende geht es immer um die Intensität.
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