Grafenegg ist immer eine Sünde wert

Grafenegg ist immer eine Sünde wert
In Grafenegg wurde am Sonntag HK Grubers "Northwind Pictures" uraufgeführt. Angelika Kirchschlager überzeugte in Weills "Die sieben Todsünden".

Man kann es eigentlich gar nicht oft genug betonen. Das von Starpianist Rudolf Buchbinder geleitete Musik-Festival Grafenegg bietet Konzerterlebnisse auf höchstem Niveau, ist aber auch in seiner Programmierung oft extrem mutig ausgerichtet.

Denn auch im fünften Festival-Jahr gab es einen so genannten Composer in Residence, der für Grafenegg ein neues Werk komponierte. Dass es sich dabei um den österreichischen Komponisten HK "Nali" Gruber handelte, ist umso erfreulicher. Denn Gruber hat sich so viele Meriten um die Musik erworben; dennoch stehen seine Werke zu selten auf den Spielplänen heimischer Kulturinstitutionen.

In Grafenegg aber war der Künstler als Komponist und Dirigent zu erleben. Am Pult des ausgezeichneten Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich realisierte Gruber im Auditorium die Uraufführung des Stücks "Northwind Pictures". Ein Werk, das im Gefolge der auf einem Libretto H. C. Artmanns basierenden, 2005 uraufgeführten Oper "der herr nordwind" entstanden ist.

Klangrausch

Doch HK Gruber verarbeitet hier nicht nur einfach Motive aus der Oper; er hat ein eigenständiges, höchst effektvolles Stück geschaffen. Da dreht sich die Windmaschine, da rauscht das Wellblech, da gibt es jazzige Einschübe, groß auftrumpfende Bläser, ein exzellentes Cello-Solo - und die Konzertmeisterin muss fast schuhplatteln. Gruber in Bestform und wie man ihn kennt. Musik, die auch Spaß machen darf, die alle Grenzen zwischen Tonalität und Avantgarde überwindet.

Ähnliches gilt auch für Grubers etwas langatmiges, zweisätziges Konzertstück "Dancing in the Dark" aus dem Jahr 2002, das Gruber und die Tonkünstler souverän zum
Klingen brachten.

Nicht bloß souverän, sondern großartig der Teil nach der Pause. Denn wenn Angelika Kirchschlager "ihren" Kurt Weill singt, sind Sternstunden vorprogrammiert. Im Theater an der Wien hatte die Mezzosopranistin im vergangenen Jahr als psychisch gespaltene, das Glück suchende Anna in Weills "Die sieben Todsünden" einen Triumph gefeiert. Und auch in Grafenegg brillierte die Künstlerin in dieser Partie. Weills bitterböse Abrechnung (Text: Bert Brecht) mit der Scheinmoral kam bestens zur Geltung. Purer Luxus: Ian Bostridge, Johannes Chum, Klemens Sander sowie Florian Boesch als Annas verlogene "Familie". Verdienter Jubel.

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