Von Susanne Zobl
Man mag es auf den ersten Blick als wenig originell sehen, wenn eine Opernkritik von Händels „Giulio Cesare in Egitto“ mit den berühmten Worten des titelgebenden römischen Diktators „Veni, vidi, vici“ beginnt. Zumal diese gar nicht in Ägypten ihren Ursprung haben. Trotzdem passen sie, hier auf Cleopatra in Gestalt von Cecilia Bartoli bei ihrem Gastspiel an der Wiener Staatsoper mit der Oper von Monte Carlo, die sie seit Jänner 2023 leitet. Dass dieses auf der Kippe stand, weil sie zuvor an Corona erkrankt war, war dieser Künstlerin nicht anzumerken.
Die Cleopatra ist eine ihrer Glanzrollen und das bereits seit Jahren. 2012 begann sie ihre Intendanz der Salzburger Pfingstfestspiele mit Händels gigantischem Opus, das davon erzählt, wie sich die Pharaonentochter mit Julius Caesars Hilfe gegen ihren Bruder durchsetzt und an die Macht in Ägypten kommt.
Veritabler Thriller
Regisseur Davide Livermore fertigte daraus einen veritablen Thriller. Das Setting erinnert an Agatha Christies Krimi „Tod auf dem Nil“. Die Handlung spielt zu größten Teilen auf einem Schiff. Im Hintergrund zeigen Projektionen wogende Wellen, die sich rot färben, wenn gekämpft wird. Tolomeo, Cleopatras Bruder, präsentiert Caesar seinen enthaupteten Konkurrenten Pompeius, wer indes bei Livermore tatsächlich der Mörder war, wird am Ende pointiert in einem Schwarz-Weiß-Film geklärt. Das ist alles sehr hübsch anzusehen.
Show-Einlagen
Das wirkliche Drama, die Höchstspannung findet im Gesang statt. Da ist zunächst Bartoli selbst. Vage gesundheitliche Beeinträchtigungen macht sie mit ihrer außerordentlichen Gestaltungskunst wett. Sie lässt die Not dieser Frau spüren, wandelt sich genuin zur Verführerin und trägt ihre Arien als Show-Einlage vor. Ihr „Piangerò la sorte mia“ berührt zutiefst. Carlo Vistoli wird als Giulio Cesare immer mehr zum Ereignis. Seine Arie „Se in fiorito ameno prato“ hebt er wie ein Rocksänger an, ohne nur eine Sekunde seine Rolle zu verlassen. Fulminant seine Koloraturen, das Spektrum der Klangfarben dieses virilen Countertenors besticht.
Max Emanuel Cenčić zieht als Tolomeo stimmlich und darstellerisch alle Register. Wenn er am Piano seinen Wahn austobt, erinnert er an eine Art Nero. Kangmin Justin Kim trägt neben diesen beiden Sängern zum Countertenor-Fest bei. Intensiv, spielfreudig wirft er sich in die Partie des Sesto. Péter Kálmán besticht mit seinem kraftvollen Bassbariton als Achilla. Sara Mingardo verleiht der Cornelia eine gewisse Würde. Gianluca Capuano führt Les Musiciens du Prince-Monaco sehr bedächtig, der Klang der historischen Instrumente entwickelt im großen Haus einen gewissen Charme. Die Ovationen wollten nicht enden.
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