Gestapo: Mit Kleinanzeigen auf NS-Verbrechersuche
Das Hotel Metropole, anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873 am Morzinplatz errichtet, wurde gleich nach den "Anschluss" beschlagnahmt: Das prächtige Gebäude hatte als Gestapo-Leitstelle zu fungieren. An diesem Schreckensort des NS-Regimes, im März 1945 nach einem Bombenangriff ausgebrannt, wurden Abertausende aus rassischen oder politischen Gründen unliebsame Personen vernommen, gefoltert und misshandelt.
An das Hotel erinnert heute so gut wie nichts. Die Wiener Festwochen begaben sich daher in ihrem Format "Into the City" auf Spurensuche. Die künstlerischen Interventionen am und rund um den Morzinplatz sind noch bis 21. Juni zu besichtigen.
Die wohl bedrückendste Arbeit stammt von Arye Wachsmuth und Sophie Lillie: Sie gingen unter dem anspielungsreichen Titel "Die Mörder sind unter uns" der Frage nach, was mit den ehemaligen Mitarbeitern der Gestapo-Leitstelle passierte.
Das Wiener Landesgericht für Strafsachen veranlasste im September 1947 eine Ausstellung mit rund 1000 Porträts von Männern und Frauen, die im Dienst der Gestapo standen. Wachsmuth lässt diese Fotos nun in Endlosschleife über Bildschirme flimmern. Zudem wurden in Zeitungen Kleinanzeigen veröffentlicht: "Wer etwas über unmenschliche Handlungen des Gestapobeamten Alfred Bodenstein weiß, wird um Mittteilung gebeten." Oder: "Achtung, Kriegsverbrecher! Wer wurde durch Karl Schneider, zuletzt Gestapobeamter in Wien, mit dem Sekten-, Kirchen- und Judenreferat betraut, geschädigt?"
Sophie Lillie, Autorin des Handbuchs "Was einmal war" über die in der NS-Zeit enteigneten Kunstsammlungen, suchte Hunderte dieser Anzeigen heraus – und pinnte sie in die Ausstellung. Viele der Opfer waren in den KZ ermordet worden. Und viele der Überlebenden kannten die Namen der Peiniger nicht. Es gelang zumindest, Anklage gegen rund 300 Personen zu erheben. Der große Rest kam ungeschoren davon.
INFO: Morzinplatz 1. Am Samstag, 16–21 Uhr, und am Sonntag, 11– 20 Uhr, Symposion "Umkämpftes Erinnern" mit den beteiligten Künstlern und Kuratoren sowie mit Historikern.
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