„Ich finde die Kombination von Psychiatrie und Film sehr gut“, lacht der Mediziner: „Das ist auch meine Empfehlung an junge Kolleginnen und Kollegen: Das Studium der Medizin und der Psychologie hilft beim Filmemachen, weil man so viel mit Menschen zu tun hat und wahnsinnig viel dabei lernt.“
Houchang Allahyari liebt Filme und das Filmemachen. Bereits im Alter von sechs Jahren schleppte ihn seine Großmutter in Teheran mit ins Kino. Das war für eine Dame wie sie unziemlich, deswegen behauptete sie, sie täte dies nur dem Enkel zuliebe – mit großem Effekt: „Mein Wunsch, Filme zu machen, entstand schon damals.“
Allerdings bestanden seine Eltern darauf, dass er ein Medizinstudium absolviere („Sie wollten einen Doktor in der Familie haben“), und Allahyari begann seine Karriere als junger Arzt im ehemaligen Wagner-Jauregg-Krankenhaus in Linz, wo er auch seine ersten Kurzfilme drehte.
Bald hatte er seinen Ruf als „der Psychiater, der Filme macht“, weg.
„Du sprechen gut Deutsch?“, fragt Hanno Pöschl in seiner Rolle als windiger Hotelbesitzer einen iranischen Emigranten, der gerade in Wien angekommen ist. „Sie aber nicht“, bekommt er knapp zur Antwort.
Es ist eine Szene aus „I love Vienna“, „der erste Film, der über zwei Kulturen in Wien gemacht wurde“, sagt Allahyari nicht ohne Stolz: „Leider ist der Film noch immer sehr aktuell.“
Leider verbindet auch der Regisseur schlechte Erinnerungen mit „I love Vienna“, denn sein Hauptdarsteller, der regime-kritische Iraner Fereydun Farrochsad wurde später in Bonn ermordet: „Ich kann mir den Film fast nicht mehr anschauen, weil mir der Mann so leidtut“, so der Regisseur bedrückt.
Er selbst schätze es, dass seine persischen Kollegen wie Jafar Panahi kritisch-politische Filme machen, jedoch: „Meine Methode ist das nicht. Ich finde, wenn man eine soziale Geschichte erzählt, ist auch Politik drin. Ich habe nie versucht, mit dem Zeigefinger in eine politische Richtung zu zeigen, weder in Österreich noch anderswo.“
Trotzdem sind Allahyaris Filme voll mit Menschen, die sich am Rand der Gesellschaft bewegen, im Gefängnis landen oder um ihre Daseinsberechtigung kämpfen müssen. Wie Hanno Pöschl, der sich in „Fleischwolf“ in der Strafanstalt bessern soll, oder der noch sehr junge Fritz Karl als Ex-Häftling in seiner ersten großen Spielfilmrolle in „Höhenangst“. Auch Michael Niavarani debütierte als Schauspieler in einem Film von Houchang Allahyari, und zwar in „I love Vienna“.
Überhaupt fällt auf, wie viele bekannte Gesichter aus der Kabarettszene sich in dessen Filmwerk tummeln: Von Dolores Schmidinger über Niavarani, Viktor Gernot und Roland Düringer bis hin zu Josef Hader findet sich darin ein Who’s who heimischer Komik. Vor allem in seinem dokumentarisch inszenierten Film „Die verrückte Welt der Ute Bock“ geben sich die Star-Kabarettisten die Türklinke in die Hand.
Wie diese Verbindung zustande kam?
„Durch Cissy Kraner“, strahlt Allahyari: „Als ich nach Wien kam und noch kein Deutsch konnte, war ich ganz verrückt nach Liedern, die Cissy Kraner gesungen hat. Wenn ich die Inhalte ihrer Lieder übersetzte (beispielsweise: „Ich wünsch’ mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“, Anm.), musste ich so viel lachen. Daher kannte ich auch das Kabarett Simpl.“
An die Pension denkt Houchang Allahyari auch angesichts seines 80. Geburtstags keineswegs; stattdessen sind weitere Filme in Planung: „Irgendwo am Strand liegen, ist nichts für mich“, seufzt er: „Und auch, wenn das jetzt ein bisschen übertrieben klingt: Ich könnte ohne Film nicht leben.“
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