„Es ist unvermeidbar“, sagt Gert Steinbäcker und lacht. „Kredit für 50 Jahre Laufzeit werde ich keinen mehr bekommen.“ Der Sänger und Songschreiber, bekannt als erstes S der Gruppe STS, spricht von seinem Geburtstag – am Sonntag wird er 70 Jahre alt.
Das Alter sieht man ihm nicht an. Der Grazer wirkt frisch, agil und entspannt. Kein Wunder, lebt er doch längst den Text seines berühmten Liedes „Irgendwann bleib i dann durt“. Auf zweimal vier Monate Griechenland pro Jahr komme er sicher: „Ich kann auch super faul sein. Es geht mir relativ gut, ich muss nicht mehr kämpfen.“
Album
Zum Geburtstag gönnt er sich die Gleitpension als Rockstar. Eine letzte große Tournee durch Österreich (Wien-Konzert: 30. November, Stadthalle) und Deutschland noch, ein letztes Album („44“) mit seinen Hits und vier neuen Nummern, dann will er kürzertreten.
Wird er das Leben auf Tour vermissen? „Nein, das glaube ich nicht. Kleine, seltsame Sachen mache ich liebend gerne, vielleicht Auftritte nur mit Gitarre und Bass. Nur keine Routine. Berühmt werden muss ich nicht mehr.“ Aber 70 ist doch heute kein Alter mehr in der Rockmusik – seine großen Idole, die Rolling Stones, sind mit knapp 80 noch unterwegs, ebenso Paul McCartney (80), Bruce Springsteen (73) oder Bob Dylan (81). Steinbäcker lacht: „Die haben alle nicht eine Insel und ein Meer und sehr viele schöne Sachen. Die sind alle keine begeisterten Motorradlfdahrer.“
Seit der Pandemie klagt die Kulturbranche über schlechtere Auslastungszahlen – betrifft das die Popmusik auch? „Wenn du eine halb volle Halle hast, weißt du nicht, bist du schuld oder die Pandemie. Aber der Trend ist so. Kultur ist das Erste, das offiziell nicht sein muss.“
Viele seiner Songs, allen voran „Großvater“, sind heute Volkslieder. Freut ihn das? „Ich freue mich sehr, etwas Gescheites gemacht zu haben im Leben. Das war nicht klar, ich habe keine Matura, ich habe keinen Beruf gelernt, ich habe das alles verweigert. Wie der Thomas.“
Nie fad
Steinbäcker spielt auf seinen Freund und Wegbegleiter, EAV-Mastermind Thomas Spitzer an, der ihn auch auf Tour begleitet „Wir haben zusammen angefangen mit 15. Ich habe Englisch gesungen, das hat zwar englisch geklungen, war aber keines, aber die Leute haben es mir nicht übel genommen. Dann ist dem Thomas was Besseres eingefallen und mir etwas Besseres eingefallen.“
Wird es ihm je fad, bestimmte Lieder immer wieder zu spielen? Steinbäcker: „Bei Proben: ja. Aber auf der Bühne nie. Das Publikum ist immer anders und reagiert verschieden. Die Leute arbeiten ja mit, das ist geil. Ich glaube, für jeden Menschen ist das Gefühl klass, dass etwas, was er getan hat, toll ist.“
Das Ende von STS hat ihn geschockt, das gibt er zu. „Denn ich hätte so gerne eine Schlusstour gespielt. Aber manchmal sind so Dinge, die keinen Abschluss haben, auch cool. Aber es wird kein STS mehr geben. Was nicht an mir liegt.“ (Anmerkung: Steinbäckers Kollegen Günter Timischl und Schiffkowitz sind gesundheitlich nicht so gut beisammen wie er, Timischl hat das Ende der Band besiegelt.)
Kult
Dass der Austropop zwischenzeitlich fast als Schimpfwort galt, nimmt er ebenso gelassen hin wie den Kultstatus, den die Musiker heute genießen: „Ich kann nur lächelnd zusehen und sagen, keine Ahnung. Ich wollte nie Kult sein und muss es akzeptieren.“
Die heute wieder sehr vitale Musikszene in Österreich gefällt ihm gut. „Es tut sich viel. Ich bin voll bei Pizzera und Jaus und bei Seiler und Speer, weil die unsere Tradition übernommen haben, sie erzählen Geschichten im Dialekt. Ich bin ein Fan von Dialekt, weil du damit Farben besser umsetzen kannst. Im Dialekt kannst du malen. Ich schätze auch sehr Falcos Enkel, also Wanda und Bilderbuch, aber das war nie meine Musik, obwohl ich voller Hochachtung erkenne, dass das tolle Sachen sind.“
Der erfolgreichste steirische Musiker der Gegenwart ist Andreas Gabalier. Mit ihm spielen würde Steinbäcker nicht. „Weil wir so grundverschieden sind, ohne zu werten. Ich höre keinen Schlager, aber ich habe auch nichts dagegen. Der hat sich immer fünfmal so gut verkauft wie wir. Das gibt es, das gefällt vielen Leuten, das wird seinen Grund haben.“ Dass auch STS auf Skihütten gespielt wird, stört ihn nicht. Steinbäcker: „Niemand behauptet, dass wir deswegen Schlager sind. Bei ,Fürstenfeld’ haben sowohl Rechts als auch Linke gesagt, super. Ich sage, das muss dir erst einmal passieren. Wenn ich vor der Post in St. Peter in Graz warte, um über die Straße zu gehen, bleiben Autofahrer stehen und brüllen ,Fürstenfeld!’.“
Rick Rubin
Wird er es schaffen, keine Musik mehr zu machen? Steinbäcker: „Vielleicht sehr reduziert wie Johnny Cash bei Rick Rubin. Das habe ich in Vinyl alles daheim. Ich bin offen für Dinge, die ich noch nicht gemacht habe.“
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