Ein Newsletter, den man gerne abonniert

Gereon Klug schreibt unter dem Pseudonym Hans E. Platte herrlich absurde Newsletter für seinen Plattenladen in Hamburg.
Gereon Klug im Gespräch über lakonische Newsletter für die Hanseplatte, die nun als Buch vorliegen.

Newsletter nerven. Man abonniert das elektronische Rundschreiben oftmals unfreiwillig, löscht es ungelesen und bestellt es meistens erfolglos ab. Ganz anders ist das bei den Newslettern des Hamburger Plattenladens Hanseplatte, die wöchentlich von Gereon Klug unter dem Pseudonym Hans E. Platte verfasst werden und bei mittlerweile 30.000 Menschen im Posteingang landen.

Das Erfolgsrezept des 45-Jährigen, der den Songtext zu "Leider Geil" (Deichkind) verfasst hat, ist banal wie genial. Klugs Texte sind originell, teilweise zynisch und stets unterhaltsam. Seine Begrüßungen haben es in sich: "Herbstdepressiver aufgepasst! Schaffst Du dieses Jahr wieder rechtzeitig die Lebenssuppe trüb zu spucken?" Oder: "Ein herzliches Willkommen im Newsletter für Blasenschwache. Wir halten uns knapp!" Auch gut: "Lieber edler Milchschaum auf der trüben Menschenbrühe". Das liest man gern. Ein Best-of dieser Kleinode wurde nun als Buch veröffentlicht.

KURIER: Ihr Buch schlägt mediale Wellen. Überrascht?
Gereon Klug: Nein, es hat einfach viele Alleinstellungsmerkmale: Es ist das erste Buch mit Newslettern und wohl nicht das unlustigste, das dieses Jahr veröffentlicht wurde. Es ist ein Lehrstück über Marketing und Anti-Marketing. Ein Plädoyer dafür, sich Mühe zu machen. Eine Büchse der Pandora, an der alle herumfummeln, aber für die niemand den Dosenschließer im Schrank hat.

Massenmails will eigentlich keiner lesen. Warum machen Sie sich trotzdem die Mühe ?
Ich finde es wichtig, dass man sich Mühe gibt, selbst bei einem so schlecht beleumundeten Medium wie Newsletter. Der Aufwand lohnt sich, denn die Leute wollen nicht immer nur Formatiertes und Immergleiches lesen.

Was macht einen guten Newsletter aus?
Ich arbeite gerne mit grenzüberschreitenden, auf der Gefühlsklaviatur klimpernden Sentenzen. Ist man irritiert, ist man aufgeregt. Ist man aufgeregt, ist man drin und zwar in meiner Newsletter-Welt. Dann habe ich den Leser.

Wie reagieren die Menschen auf Ihre Texte?
Anfangs waren viele empört, weil sie eine Udo-Lindenberg-CD bei der Hanseplatte bestellten und nicht erwarteten, in der Folge Mails zu bekommen, die ihnen nicht servil mit "Das könnte Sie auch noch interessieren, Sie interessanter Mensch"-Blödsinns-Algorithmen kamen, sondern sie mal aus ihrer Lethargie holten.

Ein Newsletter, den man gerne abonniert
Buchcover Gereon Klug

U2 haben ihr Album den Nutzern der Online-Musikplattform iTunes kostenlos zur Verfügung gestellt. Wie bewerten Sie solche brachialen Marketingaktionen?
Eine Band, die schon lange nur noch zu 10 Prozent aus Kunst und zu 90 Prozent aus Anwälten und Wirtschaftsmanagern besteht, entlarvt sich selbst und macht sich noch egaler, als sie es ohnehin schon ist.

Ihre Texte haben einen lakonischen Grundton. Macht Humor das Leben leichter?
Humor hilft mir nicht wirklich, die Zumutungen der Moderne auszuhalten. Aber er überdeckt natürlich periodisch den Vollschrott, den uns Wirtschaft, Politik und die Medien täglich auftischen. Aktuell finde ich Geld am schlimmsten.

Sie nennen Ihre Newsletter auch "Briefe gegen den Mainstream". Was genau stört Sie daran?
Am Mainstream stört mich die Nivellierung jedweder Unterschiede und Brüche, die Kultur so spannend machen kann. Mich interessiert der Hauptstrom als abschreckendes Beispiel, die Nebenflüsse, die ihn speisen, sind allemal interessanter.

Tipp: Ein von Hans E. Platte kompilierter Sampler macht die Briefe hörbar. Mit ausschließlich unveröffentlichten Tracks von u.a.: Adolf Noise, Die Sterne, Erobique, Rocko Schamoni, Kid Kopphausen, Heinz Strunk, Felix Kubin, Schorsch Kamerun, Lambert, Tocotronic, und Deichkind. Erhältlich als LP und CD (Staatsakt).

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