Man kann auch Pop dazu sagen

Der 28-jährige Gerald Hoffmann ist Gerard.
Der heimische Rapper Gerard unterstreicht mit "Neue Welt" sein Talent für kluge Texte und große Melodien.

Hip-Hop war zwar nie weg, aber das Genre befand sich lange Zeit in einer Sinnkrise. Vor allem im Mainstream-Sektor beschränkte man sich auf seichte Beats und Sprüche auf Würstelstand-Niveau. Aus dieser misslichen Lage hat sich das Genre zum Glück selbst befreit.

Im deutschsprachigen Raum löste ein intelligenter, gefühlvoller und poppiger Hip-Hop den derben Kiez-Provokations-Rap der Marke Bushido ab. Die neuen Stars heißen Cro oder Casper und haben auch kein Problem, wenn man sie als Emo-Rapper bezeichnet. Auch die Texte von Gerald Hoffmann alias Gerard sind von Gefühlen, Lebenskrisen, Zweifel über sich und die Welt geprägt. Besonders eindringlich klingt das auf „Blausicht“, seinem Album aus dem Jahr 2013, mit dem er auch in Deutschland erste Erfolge feiern konnte.

Nun legte der Wahl-Wiener aus Oberösterreich mit " Neue Welt" sein fünftes Werk vor. Darauf huldigt er dem Moment, denn die Vergangenheit könne man nicht ändern und die Zukunft nur sehr begrenzt beeinflussen. "Das ganze Nachdenken und planen macht relativ wenig Sinn – auch in der Musikbranche. Alleine was sich in den letzten zwei Jahren verändert hat, ist enorm", sagt Gerard im KURIER-Interview.

Mit seiner neuen Platte will er zum Nachdenken anregen, andere Menschen inspirieren, ihr Leben nicht tatenlos an sich vorbeiziehen zu lassen. Sein Tipp: Folge der Leidenschaft.

Skizzen und Tränen

Seine Texte entstehen in einer Art Collage-Technik: "Ich tippe Gedanken, die mir unterwegs einfallen und mich gerade beschäftigen, in mein Handy. Mit diesen Skizzen arbeite ich dann, erstelle eine erste Songstruktur und füge alles Schritt für Schritt zusammen." Dadurch entstehen kluge, fast schon poetische Lyrics: Im Song "Durch die Nacht" heißt es etwa "Tränen sind nur schön, wenn man sie lacht."

Man kann auch Pop dazu sagen
Gerard, Cover, Neue Welt

Während Gerard die Texte selbst verfasst, legt er die Musik in fremde Hände. Auf seinen ersten beiden Alben habe er das noch selber gemacht. "Dabei habe ich gemerkt, dass, wenn man sich stundenlang nur mit Beats beschäftigt, das Gesamtkonzept aus den Augen verliert." Und so überlässt er anderen das Komponieren – wie etwa René Mühlberger von der Band Velojet. Für die Ausarbeitung und den Feinschliff der Songs sorgte der heimische Techno-Pionier und Musikproduzent Patrick Pulsinger, was sich auf den Sound auswirkte. "Neue Welt" klingt wesentlich vielschichtiger und reifer als der Vorgänger. Mit Hip-Hop hat das nur mehr wenig zu tun. Auf Samples wird verzichtet, dafür gibt es schnurrende Synthesizer-Sounds und legen sich wohlig-warme Keyboard-Melodien wie eine Schutzschicht über die Beats. Zu seiner Musik könne man auch Pop sagen, meint Gerard, für den die Hip-Hop-Nische zu klein geworden ist. "Für mich ist Hip-Hop ein Ausdruck dafür, alles machen zu können, was man will, und es musikalisch keine Regeln und Grenzen gibt."Gerards"Neue Welt" ist eine gute.

KURIER-Wertung:

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