Georg Friedrich und Christopher Schärf sind "Schurken mit Herz"
„Alle Verbrecher sind Österreicher“, witzelt Georg Friedrich über die Rollenverteilung in der BR-/ORF-Koproduktion „Nichts zu verlieren“. „Aber“, ergänzt Christopher Schärf im gemeinsamen Gespräch mit dem KURIER, „wir sind ja Schurken mit Herz“.
Als Richy (Friedrich) und Tom (Schärf) fahren die beiden in einem klapprigen Reisebus durch die bayrischen Alpen. Geplant hatten sie das so nicht. Wenige Stunden zuvor waren die zwei Halbbrüder noch damit beschäftigt, den Tresor eines gut verdienenden Künstlers auszuräumen. Doch von Anfang an läuft die Sache nicht wie erhofft: Der Hausbesitzer ist zwar verreist, doch die Putzfrau hat sich dort mit ihrem Lover einquartiert. Dann löst sich ein Schuss, das Fluchtauto gibt den Geist auf. Und so beschließen Richy und Tom kurzerhand, einen Bus zu kidnappen – samt der Münchner Reisegruppe.
Null Respekt, die Geiseln
Bei den Entführungsopfern handelt es sich ausgerechnet um eine Trauergruppe. Alle Teilnehmer haben einen geliebten Menschen (oder vielleicht auch ein geliebtes Tier?) verloren und versuchen, durch die Reise ihren Schmerz zu verarbeiten, wieder einen Sinn im Leben zu finden. Ihre Angst davor, dass ihnen ein paar österreichische Nachwuchs-Gangster etwas antun könnten, hält sich daher in Grenzen. Auch Reiseleiterin Irma (gespielt von Lisa Wagner, bekannt etwa aus „Kommissarin Heller“) lässt sich nicht so schnell einschüchtern: „Ich bin nicht Ihr Schatzi!“, lässt sie Richy wissen. Der ist genervt: „Null Respekt, die Geisln heitzutog!“
Zu sehen ist die Tragikomödie „Nichts zu verlieren“ heute um 20.15 Uhr bei ARD, ein Ausstrahlungstermin im ORF ist noch nicht bekannt. Regie führte Wolfgang Murnberger („Das ewige Leben“), der auch mit ein Grund für Georg Friedrich war, die Rolle des Richy anzunehmen. Denn eigentlich ist der 51-Jährige hauptsächlich auf der Kinoleinwand zu sehen. Als Österreichs „einzig richtigen Filmschauspieler“ bezeichnete Josef Hader ihn einmal in einem KURIER-Interview, da Friedrich Fernsehfilme konsequent meide. Aber dieses Mal war da eben Murnberger. „Mit dem Wolfgang kann ich gut und ich hab’ Lust auf die Figur gehabt“, erklärt Friedrich. Ebendiese Figur ist seine Paraderolle: der zwischen liebenswert und wahnsinnig changierende Ganove, der im tiefsten Dialekt spricht.
Warum der „ Silberner Bär“-Preisträger, der aus gutem Hause stammt und in Rodaun im 23. Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen ist, gerade den vermeintlich typisch österreichischen Proleten so gut spielen kann, weiß auch Friedrich nicht so recht zu erklären: „Keine Ahnung. Den Dialekt hab’ ich natürlich viel in der Schule gehört. Ich bin eher mit Hochdeutsch aufgewachsen, aber meine Eltern haben auch nicht wunderschönes Hochdeutsch gesprochen, sondern mit einer Wiener Färbung.“
Der Dialekt ist eine Sache, aber die Charaktere? „Das hat sich irgendwie im Laufe der Zeit so ergeben“, sagt Friedrich knapp. Mit seinen Antworten lässt er sich Zeit und beim Interview steht er schon mal vom Tisch auf, um von einem Strauch nebenan ein paar Blumen zu pflücken, während sein „Filmbruder“ Schärf erzählt.
Dass die deutschen TV-Zuseher durch solche länderübergreifenden Film-Kooperationen österreichische Begriffe lernen, bezweifelt Friedrich. Aber Gefallen daran würden sie schon finden, glaubt Schärf: „Ich denke, dass die Deutschen ja insgeheim sehr auf den Dialekt stehen. So wie ich auch auf deutsche Dialekte stehe. In dem Fall lebt der Film ja auch davon, das macht’s lustig.“
Auch Schärf hat bereits Erfahrung als „Film-Ganove“: Für die Rolle des Victor im Kinofilm „Einer von uns“ wurde er 2016 mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet. Da war der 39-Jährige mit Cornrows, also an der Kopfhaut entlanggeflochtenen Zöpfen, Tattoos und tief sitzenden Hosen zu sehen. „Ich mag das gern, wenn die Charaktere so unterschiedlich sind.“
Dünne Linie
Gedreht wurde „Nichts zu verlieren“ im vergangenen Sommer. Im alten Reisebus, wo sich der Großteil der Handlung abspielt, hatte es dabei bis zu 37 Grad. „Wir haben sehr viel herumprobiert“, erzählt Schärf. „Ich habe mich oft dabei ertappt, dass ich dem Georg zuschaue, weil ich ihn einen total interessanten Typen finde und das erste Mal mit ihm gedreht habe.“ Und: Jeder Take sitzt. Friedrich relativiert: „Es gibt schon auch immer wieder Szenen, wo ich merke, ich brauche ein paar Takes, bis ich reinkomme.“
Eine Tragikomödie wie „Nichts zu verlieren“ sei eine Herausforderung. Man bewege sich auf einer dünnen Linie zwischen lustigen und traurigen Momenten, meint Schärf. „Aber ich finde, das hat in dem Fall gut funktioniert.“
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