Gedankliche Stabhochsprünge: Kabarettist Gunkl mit neuem Programm

Gedankliche Stabhochsprünge: Kabarettist Gunkl mit neuem Programm
Die Köpfe werden wieder rauchen, wenn Gunkl die Lust am Denken zelebriert: Sein neues Solo hat am 19. 9. Premiere im Stadtsaal Wien

Er hat’s gern übersichtlich und ordentlich. Aber: „Es ist doch bemerkenswert, dass die Leute, die sich lauthals vor der neuen Weltordnung fürchten, mit der alten Weltordnung ja auch schon nicht zufrieden sind“, findet Günther Paal alias Gunkl, der es als Glück empfindet, dass er „so ein stumpfer Hund“ ist, „also ein vollpragmatisches Gemüt“.

„Nicht nur, sondern nur auch – ein ziemlich ungeordneter Versuch, über Ordnung zu reden“ (Premiere: 19. 9., Stadtsaal Wien): Das ungefähr 14. Solo – Nachfolger von „So und anders – eine abendfüllende Abschweifung“ – dekliniert durch, was der Kabarettist postuliert:

„Das Bedürfnis nach Ordnung ist anthropologischer Standard.“ Und was der Schriftsteller und Diplomat Paul Claudel so treffend sortiert: „Die Ordnung ist die Lust der Vernunft, aber die Unordnung ist die Wonne der Fantasie.“

Anarchie

Nur fragt man sich Spaß ohne: Ist die Diktatur des geistigen Proletariats schon ein Ordnungsprinzip? Unsereiner hat ja das starke Gefühl, dass der Alltag im Kleinen überreglementiert ist mit Verboten. Dass der Ruf nach dem Anarchisten nicht gerade Konjunktur hat.

Was bei Gunkl prompt Widerspruch provoziert: „In manchen Kreisen schon. Aber das ist dann ein organisierter Ruf nach Anarchie. Das ist eine ganz seltsame Gemüts- und Mentalkonstellation: Einerseits beschwert man sich, dass es eine Ordnung gibt und tritt vehement auf, als wäre man Anarchist. Andererseits haben selbst Anarchisten gern einen Rahmen, in dem sie sich bewegen und handeln, in dem sie die Wenn-Dann-Abläufe überblicken können. Denn wenn jede Ordnung aufgehoben ist, wird der recht haben, der sie durchsetzen kann.“

Gedankliche Stabhochsprünge: Kabarettist Gunkl mit neuem Programm

Denken à la Gunkl – raffiniert ausformuliert – hat sehr viel Hinterland. Wie er die weite Welt der Merkwürdigkeiten von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten, setzt voraus, ausgeschlafen zu sein. Wobei sich der Humorist selber mitunter wundert und denkt: Wer bei seinen Gedanken-Sprüngen, „die synästhetisch gesehen verschiedene Form, Farbe und Gewicht haben, durchgehend im Sattel bleibt“, habe sich „schon Respekt verdient. Je nachdem, wo die Leute einfädeln, erscheint ihnen das leichter oder schwerer.“

„Herz & Hirn“ im Duo

Auch wenn er in künstlerischer Zweifaltigkeit mit Gerhard Walter in „Herz & Hirn III“ auftritt und dabei etwa „viel über das Zwischen sagen kann“. Was zwischen Menschen passiert. Oder auch zwischen den Sternen im Nachthimmel ist viel, auf das man gar nicht schaut.“ So gesehen ist ein Tunnel ein Zwischen im Zwischen. Gunkls Nachsatz zur Sickerpointe: „Da sind Orte, dazwischen ist ein Berg, und ein Tunnel ist ein Zwischen im Zwischen.“

Denkfallen

Und wo liegen für Menschen wie du und ich Denkfallen beim aktuellen Thema? „Ein Fehler ist, Ordnung kategorisch abzulehnen, weil Ordnung etwas sehr Sympathisches in sich trägt. Man hätte sie gern“, so Gunkl. Aber Ordnung, ein an sich flüchtiger Zustand, braucht Trennung.

„Wenn nicht gedanklich getrennt wird, gibt es keine Ordnung.“

„Aber ein Problem ist, dass die angestrebte Ordnung eine Hierarchie ergibt. Was blöd ist. Andererseits kann man Dinge sehr sinnvoll voneinander trennen, ohne dass eines wichtiger oder wertvoller ist als das andere.“

Leichter nachvollziehbar wird die Aufforderung, zu differenzieren, wenn der Kabarettist mit Blick auf die sehr reale Gegenwart konstatiert:

„Die Klimaschützer schießen sich ein Eigentor, indem sie Maßnahmen setzen und damit Öffentlichkeit herstellen, aber die Aufmerksamkeit auf ihre Aktionen lenken, und nicht auf das Thema, um das es geht.“ Oder anders gesagt:

Es ist nicht alles richtig, was gut ist. Und es ist nicht alles falsch, was böse ist.

Übrigens: „Jede Ordnung ist der erste Schritt auf dem Weg in ein neuerliches Chaos.“ Und: „Ordnung braucht nur der Dumme, das Genie beherrscht das Chaos.“

Diese Erkenntnis könnte von Gunkl sein, ist aber von Albert Einstein.

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