Gebrüder Moped über "die Pressefreiheit, die wir meinen"

Franz Stanzl und Martin Strecha-Derkics (re.) sind die Gebrüder Moped
Das Kabarett-Duo tritt an, um das Abendland zu retten: Zuerst "Österreich, und morgen die ganze Scheibe".

Die Gebrüder Moped können auch ernst. So sah etwa Martin Strecha-Derkics in einem KURIER-Talk im Februar den "sozialen Frieden in Österreich in Gefahr". Als Kabarettduo agieren er und Franz Stanzl allerdings mit einer kräftigen Portion Unernst - ernste Themen bieten dafür den Hintergrund: Das Phänomen Angst, die Sorgen der alleinerziehenden Billa-Kassierin oder der sich ausbreitende Rechtspopulismus.

Nun treten Franz Joseph Moped und Martin Moped mit ihrem neuen Buch "Heute gehört uns Österreich und morgen die ganze Scheibe" (Milena Verlag) zur Rettung des gesamten Abendlandes an. "Das scheint ja, so die besorgten Gratiszeitungen, dringend notwendig", sagen die beiden im KURIER-Interview. Das kleine Österreich wird in dem Taschenbuch kurzerhand zur Welt erklärt. An der Schöpfung sei Österreich "nicht beteiligt" gewesen. Es war anders: "Wir waren das erste Opfer."

Derzeit sind die Gebrüder Moped mit der "Show zum Buch" auf "weltweiter Österreich-Tour" unterwegs (am 8. und 26.11. im Wiener Rabenhof). Über ihre erweiterte Lesung sagen sie: "Wir bringen Texte, Lieder, Bilder und Filme zur Schau oder, wie es der Ausländer nun einmal nennt, wir performen eine Show."

Und hier sind wir wieder bei der kräftigen Portion Unernst. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man folgendes (per E-Mail geführte) Interview zur "Alpen-Apokalypse" liest:

KURIER: Sie haben ein Österreich-Buch gemacht, in dem der Österreicher so typisiert wird, dass er das Land mit der Welt gleichsetzt. In Zeiten eines EU-Ratsvorsitzes könnte man das manchmal tatsächlich für die Realität halten …

Gebrüder Moped: Die EU mit der Welt gleichsetzen? Mit Verlaub: Fake News. Wir dürfen nicht vergessen, Österreich ist diesem Bündnis ausländischer Ausländer doch nur aus reiner Höflichkeit beigetreten. Der Österreicher ist schließlich kein Spielverderber. Keine Frage: Der nächste Schritt wird sein, dass Österreich aus der EU wieder austritt und Europa umgehend Österreich beitritt. Natürlich erst dann, wenn Europa ausreichend österreichfit ist.

Die FPÖ ist auch in Ihrem neuen Buch Hauptadressat. Warum schlug das Pendel nicht mehr in Richtung Türkis aus? Ist das Phänomen Sebastian Kurz für Ihre Art der Satire nicht spannend genug, oder heißt es wie bei der Fußball-Benotung: "Zu kurz eingesetzt"?

Seien wir uns doch ehrlich: Die Österreichische Volkspartei (vormals: Österreichische Volkspartei) ist doch in ihrem derzeitigen Zustand lediglich ein Hochglanz-Plagiat der FPÖ. Es sind schließlich die Freiheitlichen, die seit Jahren im Land die Themen vorgeben. Stichwort Islamisierung: Es kann doch nicht sein, dass wir unsere weihnachtlichen Vanillekleingebäcke künftig nicht mehr in Form des kulturchristlichen Kreuzes, sondern halbmondförmig backen.

Sie beschreiben den "Problemgenerator" rechtspopulistischer Parteien. Als Regierungspartei muss die FPÖ aber Probleme lösen. Wie geht das zusammen?

Aber bitte, die FPÖ löst sehr wohl Probleme. Eben erst ist es gelungen, eine Verordnung des Bundesheeres abzuschaffen, die den bedingungslosen Einsatz gendergerechter Sprache vorsieht. Dabei hat es eine solche Verordnung zuvor niemals gegeben. Das zeichnet die FPÖ eben aus: Sie löst selbst Probleme, die nicht existieren.

Im Titel des Buchs werden die Themen Fake News, Wissenschaftsfeindlichkeit und Verschwörungstheorien angerissen. Wie groß sehen Sie die Gefahr, dass gewissenhafte Medien, verantwortungsvolle Politiker und ernstzunehmende Künstler in dieser Auseinandersetzung verlieren könnten?

Entlarvend, wie hier offensichtlich versucht wird, unseren Buchtitel mit Fake News in Zusammenhang zu bringen. Die Bevölkerung hat diese bewusst gestreuten Verunglimpfungen zum Glück längst erkannt. Der Großteil der Österreicher weiß schließlich, dass unser Buch als Standardwerk der Wahrheitsvermittlung gilt. 

Dass der Wind des Zeitgeists derzeit von Manila bis Washington von rechts weht, ist kaum zu übersehen. Sind sozialdemokratische Parteien, und in Österreich die Grünen, derzeit derart in der Defensive, dass Sie da, mit Ausnahme eines "Gutmenschen"-Kapitels - nur ungern noch zusätzlich drauf hauen?

Warum sollten wir auf die Grünen hauen? Immerhin waren sie bei der letzten Nationalratswahl die einzigen, die ihr Wahlversprechen bedingungslos gehalten haben: Wir spalten nicht die Gesellschaft, wir spalten uns selbst. Und auf die Sozialdemokraten loszugehen, wäre erst recht unfair. Haben die nicht seit geraumer Zeit wegen Umbaus geschlossen?

Das ewige Problem: Räumt man dem Rechtspopulismus zu viel Fläche ein oder geht es eben nicht anders, weil man über das Phänomen einfach berichten muss, oder, was die Satire betrifft, weil es einfach am meisten Reibung erzeugt?

Den Rechtspopulismus auszublenden ist der falsche Weg. Schließlich ist er Bestandteil unserer alltäglichen Leitkultur. Was tun, wenn der Tag erwacht und unserem schalen Dasein weder Angst noch ein Problem droht? Du öffnest die Augen und fühlst dich weder in deinem Heimatbewusstsein beeinträchtigt, noch in deiner Tradition behindert und empfindest dich nicht ansatzweise von anderen benachteiligt. Gerade in den Morgenstunden braucht der Österreicher den Rechtspopulismus wie einen Bissen Brot.

Kürzlich wurde bekannt, dass in Herbert Kickls Innenministerium vor einer Zusammenarbeit mit kritischen Zeitungen gewarnt wird. Ist das der Punkt, wo man auch als Gebrüder Moped keine satirische Antwort mehr geben kann?

Wenn Sie glauben, dass wir uns den Mund verbieten lassen, nur weil ein paar so realitätsfremde Kioskklatscher der Utopie einer freien Presse nachtrauern, haben Sie sich ordentlich getäuscht. Insbesondere die Boulevardzeitungen genießen unseren höchsten Respekt. Denen geht es wenigstens wirklich um den Inhalt und nicht ums Geschäftemachen. Schließlich werden diese Non-Profit-Gazetten gratis in den U-Bahnstationen verteilt. Schön, dass in Österreich die meisten Zeitungen gratis sind. Sonntags sogar alle. Die Pressefreiheit, die wir meinen.

Im Buch fiel mir folgende Textstelle auf: „Andreas Gabalier ist eben noch ein aufrechter Musikant altdeutscher Schule. Der spielt nicht mit Strom. Der spielt mit Gas.“ Dem Musiker wird immer wieder bewusste Provokation vorgeworfen. Ist dieser Satz als Retourkutsche gedacht? Finden Sie nicht, dass Sie damit über die Stränge schlagen?

Wir können hier beim besten Willen keine Provokation erkennen. Jeder tüchtige und anständige Österreicher weiß, dass Andreas Gabalier sich als erster Landsmann dazu erbarmt hat, die ausländische Unterhaltungsreihe "MTV Unplugged" durch seine Teilnahme aufzuwerten. Ausg‘steckt is, Musik ohne Strom eben. Bezeichnend, wie hier offenbar parteipolitisch motiviert von einigen negiert wird, dass der Volksrock‘n‘Roller im Zuge seines exzellenten Gesangs naturbedingt auch Kohlendioxid von sich gibt. Er musiziert mit Gas. Wie ideologisch verblendet muss man sein, um hier einen anderen Zusammenhang erkennen zu wollen? 

Die Liederbuch-Affäre scheint für die FPÖ erledigt zu sein. Die Grenze des Erträglichen wird letztlich mit dem Strafrecht gezogen und nicht moralisch. Ist auch das typisch österreichisch oder ein internationales Phänomen?

Moralisch nicht erträglich? Sagenhaft, wie schnell heute mit der Nazikeule geschwungen wird. Da reicht bereits eine kleine Prise Antisemitismus, der Hauch eines brennenden Flüchtlingsheims oder die situationselastische Leugnung des Holocausts. Schon heißt es von Seiten der selbsternannten Moralapostel, man sei ein Nazi. Wir können doch nicht jeden Nazi gleich ins rechte Eck stellen.

Die Gebrüder Moped: Ihre bissigen satirischen Texte und Gegenwartsanalysen servieren sie in mehreren Darreichungsformen: Auf der Bühne, auf Twitter, Facebook und im Fernsehen ("Bist du deppert" und ihre "Wochenrevue" auf Puls4 und als Gag-Autoren für "Willkommen Österreich" im ORF). Auf ihr erstes Satire-Buch "Was macht der Kanzler eigentlich beruflich?" folgt nun "Heute gehört uns Österreich und morgen die ganze Scheibe" (ebenfalls Milena Verlag). Derzeit sind die Gebrüder Moped mit ihrer "Show zum Buch" auf "weltweiter Österreich-Tour" (am 8. und 26.11. im Wiener Rabenhof).

 

"Warum eigentlich, Herr Strecha-Derkics?"

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