Schon bald nach ihrer ersten Begegnung mit Joseph Goebbels wurde sie seine Geliebte und bald auch seine Ehefrau. Doch von Anbeginn war sie von Adolf Hitler fasziniert, der in Magda seine „Wunsch-Maid“ erkannte. Ihr Selbstmord und der Mord an ihren sechs Kindern war nicht das verzweifelte Ende einer um ihr Glück betrogenen Frau, sondern der Abgang einer fanatischen Nationalsozialistin. Sie zu spielen war für Weisz eine schwierige, aber auch faszinierende Aufgabe – wie sie im KURIER-Interview gesteht.
KURIER: Hatten Sie vor Beginn der Dreharbeiten Zweifel, ob Sie einer Frau wie Magda Goebbels tatsächlich Ihr Gesicht leihen wollen?
Franziska Weisz: Als ich das Drehbuch in die Hand bekam, wollte ich die Rolle sofort spielen. Vor allem, nachdem ich das Vorwort des Regisseurs gelesen hatte. Joachim Lang ist selbst Historiker und er ist bekannt für seine genauen Recherchen. Denn natürlich ist es ein Risiko, die Magda Goebbels zu spielen. Genauso wie für Fritz Karl, der den Hitler, und Robert Stadlober, der den Goebbels spielt. Da kann man in die Gefahr kommen, die Geschichte – oder noch schlimmer: die Opfer – zu verraten.
Als Schauspielerin müssen Sie die Figuren, die Sie spielen, auch verstehen können. Wie ist Ihnen das bei Magda Goebbels gelungen?
Ihr war sicher nicht bewusst, dass sie einen Pakt mit dem Teufel eingegangen ist. Sie hat Hitler als Elite gesehen, von der sie auch ein Teil sein wollte. Wäre das nicht so, dann wäre sie ein Monster gewesen – und ein Monster kann ich als Mensch nicht darstellen. Es gibt vielleicht auch Menschen, die sich vornehmen, etwas ganz Böses zu tun. Aber die meisten handeln aufgrund irgendeiner Verblendung. Natürlich liebte sie auch ihre Kinder, aber Hitler und all das, wofür er stand, liebte sie wohl noch mehr. Es muss eine ähnliche Art der Gehirnwäsche und Verblendung gewesen sein. Vielleicht ähnlich wie heute bei Frauen, die ihre Söhne in den Dschihad schicken.
Was treibt Frauen dazu, sich sogenannten „mächtigen Männern“ anzuschließen – oder frauenverachtenden, gewaltsamen Gruppierungen wie etwa dem Islamischen Staat?
Bei ersterem, ein Stück weit das Rockstarphänomen, also die Attraktivität, die Menschen ausstrahlen, die auf der Bühne stehen und voll darin aufgehen. Singend oder wahlkämpfend, egal. Bei frauenverachtenden Vereinigungen würde ich da auf mangelnde Selbstliebe tippen. Der unbewusste Wunsch, sich selbst zu bestrafen. Immer wieder Bestätigung für die eigene Selbstverachtung suchen.
In Österreich stehen Wahlen bevor. Sind Sie optimistisch, was die Verhinderung eines Rechtsrucks betrifft?
Was mich erschreckt, ist die Gleichgültigkeit vieler Menschen. Meine in Österreich lebenden Freunde haben mir geschildert, alle finden den Rechtsruck „furchtbar und schrecklich“, wie sie beteuern, sind aber tatenlos. Ich habe mich im Rahmen meines Studiums sehr mit Jörg Haider und der schwarz-blauen Regierungsbildung 2000 beschäftigt. Damals waren wir zu Recht „die Schande Europas.“ Und jetzt? Nun meine ich nicht, dass alle zu Demos gehen müssen – aber beim Gedanken, dass die rechte FPÖ 30 % der Wähler gewinnen könnte – wo sind dann die Menschen, die versuchen, die auf mehrere Parteien verteilten Gegner der rechtsextremen Politik, die ja – wenn man die FPÖ-Stimmen gegenrechnet – immerhin noch 70 % ausmachen, auf einen gemeinsamen Weg zu bringen: für die Demokratie und gegen deren Zerstörung durch die Rechten. Aus all diesen Gründen wünsche ich mir, dass der Film „Führer und Verführer“ von möglichst vielen Menschen gesehen und vor allem an den Schulen gezeigt wird. Vielleicht gleich im Kontext Medienbildung. Desinformation ist Propaganda in neuem Gewand und wir können von unseren Kindern nicht erwarten, dass sie einen Instinkt dafür haben, haben, was bei den Unmengen an Informationen, die minütlich auf sie einprasseln, wahr ist und was fake. Dieses Wissen wird für die Zukunft unserer Gesellschaft sehr viel entscheidender sein als die Berechnung einer Sinuskurve.
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