Fortsetzungsroman von Thomas Raab Teil 2: Neurosen und Altlasten

Fortsetzungsroman von Thomas Raab Teil 2: Neurosen und Altlasten
Der österreichische Autor schreibt täglich für den KURIER einen neuen Romanteil.

(Zum ersten Teil geht es hier.)

Eins zu eins

Von solch einer Verlässlichkeit, wie ihn der Pschemisl-Wecker regelmäßig an den Tag legte, kann Volkswagen nur träumen. Denn die technischen Angaben der Betriebsanleitung entsprachen 1:1 dem tatsächlichen Schadstoffausstoß. In diesem Fall zwar nur akustisch, die reinste Umweltverschmutzung aber war es trotzdem. Ohne Gehörschutz wäre Rudi Pschemisl jedenfalls genauso derrisch geworden, wie er seine Mitmenschen von sich hat glauben lassen. Hinterfotzig natürlich, so ein Vortäuschen falscher Tatsachen, und doch ungemein befreiend. Denn wenn die Leut’ glauben, du hast es mit den Ohren, quasseln sie direkt neben dir, als ob du gar nicht da wärst, und zack, hörst du erst so richtig gut. Die größten Ungeheuerlichkeiten, Kabarett vom Feinsten, oder den ärgsten Stuss. So zumindest die Pschemisl-Theorie. Gut, Idioten gibt es, die lassen sich dabei sogar filmen, und dann zack zack zack.

Mannerschnitten, Schwedenbomben, Schokobananen! ging es Rudolf Pschemisl in seinem Bett liegend nun durch den Kopf. Nichts anderes war in seinen Augen der Mensch an sich. So vorhersehbar. Die Packung öffnen und haargenau wissen, was einen erwartet. „Alles Schnitten, Bomben und Bananen!“, flüsterte er vorfreudig in sich hinein und begann so wie jeden Tag zuvor neuerlich zu zählen: „21, 22, ...“

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