Filmstarts der Woche: Streberinnen im Party-Stress und Ford gegen Ferrari
Auch Party-Machen will gelernt sein. Dabei können die beiden besten Freundinnen Molly und Amy sonst eigentlich alles. Sie sind richtige Schlaubergerinnen, brillieren in jedem Schulfach und bekommen nur Bestnoten. Kein Wunder, dass sie die Aufnahmeprüfungen in die feinsten Colleges des Landes geschafft haben. Nur eines können Molly und Amy eben nicht: Spaß haben.
Booksmart
Spaßbremsen
Das ist insofern bedauerlich, als zur Party am letzten Schultag alle eingeladen sind – nur nicht Molly und Amy.
Sie gelten bei den Mitschülern als arrogante Spaßbremsen. Und wollen das Gegenteil beweisen: „Keiner weiß, dass wir witzig sind“, lamentiert Molly und schleppt die widerspenstige Amy zum Kleiderkasten. Nächstes Problem: Was zieht man auf coolen Partys an, wenn man sein halbes Leben nur in Bibliotheken verbracht hat?
Aufmerksame Kinobeobachter können sich vielleicht an Olivia Wilde erinnern: Sie spielte in Stefan Ruzowitzkys USA-Thriller „Cold Blood – Kein Ausweg. Keine Gnade“ eine Femme Fatale, hat aber mittlerweile ins Regiefach gewechselt. Ihr Filmdebüt „Booksmart“, eine extravagante Coming-of-Age-Komödie in gewitzter Besetzung, brachte die US-Filmkritik einhellig zum Jubeln.
Wilde konnte dem nicht gerade unterrepräsentierten Teenie-Genre frische Details hinzufügen und stereotypen Erzählmotiven überraschende Dralls versetzen. Molly ist das klassische Nerd-Girl, das im üblichen Teen-Genre als gescheit, aber unattraktiv gilt und nie die gutaussehenden Burschen bekommt. Das hält Molly – im echten Leben die Schwester vom nicht minder lustigen Jonah Hill – aber nicht davon ab, auf den bestaussehenden Schulkollegen zu spitzen.
Amy wiederum steht auf Frauen und hat ihr Auge auf eine flamboyante Skaterin geworfen.
Gefängnis
Trotz amouröser Ablenkungen, bleibt immer die Freundschaft zwischen den beiden jungen Frauen im Mittelpunkt und auf dem Prüfstand. Intim-komische Geständnisse werden abgelegt, der Stofftier-Panda als Sex-Toy enthüllt und der Lehrer als Taxi-Fahrer im Nebenberuf entlarvt.
Überhaupt die Erwachsenen: Lisa Kudrow aus „Friends“ hat einen herrlichen Auftritt als verständnisvolle Mutter von Amy und wünscht der Tochter verklemmt einen schönen Abend.
Natürlich folgen die üblichen Teenage-Party-Peinlichkeiten wie große Trunkenheit, Sturz ins Swimmingpool und Kotzen auf eine potenzielle Liebespartnerin. Und die Coolste von allen? Die schafft es sogar in die Gefängniszelle.
INFO: USA 2019. 102 Min. Von Olivia Wilde. Mit Kaitlyn Dever, Beanie Feldstein.
Filmkritik zu "My Zoe": Familiäres Unglück, gentechnischer Fortschritt
Der Albtraum aller Eltern: Ihrem Kind stößt ein Unglück zu.
Kein Stoff, aus dem Komödien sind.
Julie Delpy, profilierte Schauspielerin (vor allem in Richard Linklaters „Sunrise“-Trilogie) und Regisseurin („Two Days in New York“) hat diese elterliche Urangst in ein beißendes Drama mit Twist gepackt und sich eine Hauptrolle auf den Leib geschrieben.
My Zoe
Delpy lebt als geschiedene Mutter namens Isabelle mit ihrer Tochter Zoe in Berlin. Ihr Ex-Mann engagiert sich ebenfalls sehr in der Kindererziehung, doch bei jedem Treffen fauchen sich die beiden auf das Übelste an. Ihre einzige Übereinkunft: die Liebe zu Zoe.
Delpy ist eine Meisterin des Drehbuchschreibens. Allein die Bösartigkeiten, die sich das Ex-Paar an den Kopf wirft, bergen unheimlichen Beziehungsrealismus.
Gerade, wenn man meint, es nicht länger auszuhalten, wechselt der Film seine Tonlage. Er biegt bewusst ins B-Movie-Genre ab und unterfüttert seine dramatische Handlung mit bizarren Sci-Fi-Elementen und feministischen Untertönen. Mit Daniel Brühl als Gentechniker im Höhenrausch.
INFO: GB/F 2019. 100 Min. Von und mit Julie Delpy. Mit Richard Armitage, Daniel Brühl, Gemma Arterton.
Filmkritik zu "Le Mans 66 - Gegen jede Chance": Duell Ford gegen Ferrari
James Mangolds Film spielt in den 1960er-Jahren: Damals dominierte Enzo Ferrari mit seinen schnittigen Autos das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Solange, bis der Marketing-Chef eines führenden US-Autoherstellers den Verkauf der eigenen Fabrikate durch einen Werbegag steigern will: Er will in Le Mans mit einem Ford-Boliden gewinnen.
Le Mans 66
Um diesen Traum zu verwirklichen, wendet sich Ford an Caroll Shelby (Matt Damon), einen der wenigen Amerikaner, die in der Vergangenheit in Le Mans gewinnen konnten.
Shelbys Karriere als Rennfahrer ist aufgrund einer Herzschwäche vorbei, und er verbringt seine Tage damit, Rennautos zu entwerfen. Das Steuer überlässt er lieber seinem Freund Ken Miles (Christian Bale), einem aufbrausenden Kerl, der nur dann Ruhe bewahrt, wenn er schnelle Räder unter sich spürt.
Daraus geworden ist ein Hollywood-Drama der alten Schule. Eine Geschichte rund um echte Menschen, mit großen Star-Namen – und mit einer „Botschaft“, die ins heutige Amerika passt: Wir bauen bessere Autos als die Europäer.
Wenn die Boliden in die Gänge kommen, dann nimmt auch der Film Fahrt auf. Sobald die Renn-Autos geparkt sind, plätschert die Handlung wie Benzin aus einem undichten Tank. Die actiongeladenen Momente des Duells Ford gegen Ferrari auf der Rennstrecke von Le Mans sind die besten.
Leider bleiben die Piloten nicht für die gesamte Laufzeit des Films im Auto. Immer dann, wenn der Regisseur auf die Bremse tritt, um sich auf die privaten Schicksale seiner Charaktere zu konzentrieren, kommt auch eine Portion Langeweile gemächlich in Fahrt.
Die Szenen aus Miles Privatleben bleiben oberflächlich, und Shelbys Zusammenstöße mit dem Marketing-Chef von Ford sind auch nicht gerade spritzig. Was nicht heißt, dass die Darsteller nicht alles geben. Matt Damon ist als lockerer Shelby wie immer sympathisch. Christian Bale neigt als schrulliger Miles bisweilen zur Outrage.
Text: Gabriele Flossmann
INFO: USA/F 2019. 152 Min. Von James Mangold. Mit Matt Damon, Christian Bale.
Kommentare