Filmstarts der Woche: "Rambo" wütet und "Downton Abbey" serviert Tee
Der fünfte Film des „Rambo“-Franchise lastet schwer auf den Schultern von Sylvester Stallone. Lange ist es her, seit der mittlerweile 73-jährige mit „Rambo: First Blood“ im Jahr 1982 neue Maßstäbe im Action-Genre setzte.
Damals bereits berühmt als Boxer Rocky Balboa, machte Stallones Kombination aus Bodybuilding, Militär-Knowhow, schwerem Waffenarsenal und nackten Muskeln Schule. Mit Messer, (und ab Teil 2) Pfeil und Bogen schoss er sich als Vietnam-Veteran John Rambo ultrabrutal in den kommerziellen Erfolgshimmel von Reagans Amerika: Eine neue Ära des Actionkinos wurde eingeläutet.
Fortsetzung folgte unbedingt mit „Rambo: First Blood II“ (1985) und „Rambo III“ (1988). Danach vergingen zwanzig Jahre, ehe Stallone zu seiner Lieblingsrolle zurückkehren durfte. In „Rambo“ (2008) arbeitete er sich als Killer-Maschine durch den Dschungel und legte die Latte an Gewalt noch einmal höher.
Nun kommt womöglich das blutige Finale, denn „Rambo: Last Blood“ klingt irgendwie nach letzten Worten. Dabei will Rambo als rüstiger Pensionist eigentlich nur noch Gutes tun. Er wohnt mit seiner mexikanischen Haushälterin und deren Enkelin Gaby, die er wie eine Tochter liebt, auf einer Ranch in der Nähe zur mexikanischen Grenze. Wenn Not am Mann ist, eilt er der Polizei zu Hilfe und versucht, Menschenleben zu retten.
Rambo 5 Last Blood
„Du bist nicht mehr im Krieg“, versichert ihm die Haushälterin, doch in Rambos Hirn tobt der Kampf: In traumatischen Flashbacks flackern Bilder aus dem Vietnam-Krieg auf; mit malmenden Kiefern zerdrückt er Tabletten zwischen den Zähnen und versucht, seinen Erinnerungen Herr zu werden.
Zwar hat Rambo unterhalb seiner Ranch ein gefinkeltes Tunnelsystem gebaut, trotzdem spielt sich ein Gutteil der Handlung in Mexiko ab. Dorthin hat sich Gaby verirrt und wird von einem sadistischen Drogenring in die Zwangsprostitution geschickt. Rambo schwört Rache und stolpert direkt in die brutalen Arme der Entführer.
Trashig
„Get the Gringo“-Regisseur Adrian Grunberg verfilmte Rambos vielleicht letztes Abenteuer mit fahriger Handkamera zur trashigen Gewalt-Parade. Die brüchige Handlung bietet nur mühsam eine Startrampe für drastische Actionsequenzen, die sich in eigentümlicher Spannungslosigkeit entladen: Inszeniert wie der Hindernislauf eines Ego-Shooters, spülen sie sich rein mechanisch herunter. Zudem weiß Grunberg nicht, wohin mit seiner Kamera. Oft klebt er sie zu dicht an die Gesichter seiner Figuren, sichtlich in dem Bemühen, Nähe zu ihnen herzustellen. Doch sein Blick wirkt nicht intim, sondern impertinent. Andauernd glotzt man aus nächster Nähe in das Antlitz von Menschen, die einem nicht nahe kommen wollen.
Die Familienbande, die zwischen Rambo, Haushälterin und Enkelin beschworen werden, bleiben reine Behauptung. Einen Satz wie „Ich fühle mich, als würde mir das Herz herausgerissen“, kann Grunberg emotional nicht vermitteln. Das muss er herzeigen – und reißt jemanden die Pumpe aus dem Leib.
Stallone selbst füllt mit berühmt stoischer Miene und hängenden Mundwinkeln die Leinwand. Philosophisch schwadroniert er aus dem Off über Liebe, Familie und Krieg, eine Themenkombi, in der er sichtlich kein Experte ist. Zum Abspann gibt es dann noch „Best of Rambo“-Szenen mit dem jungen Stallone zu sehen. Das fühlt sich ein bisschen so an wie bei der Oscar-Verleihung – beim Nachruf auf die Verstorbenen.
INFO: USA 2019. 101 Min. Von Adrian Grunberg. Mit Sylvester Stallone, Paz Vega.
Filmkritik zu "Downton Abbey": Wer darf dem König servieren?
Gott ist Monarchist, das erkennt man schon am Wetter. Die ganze Nacht hat es geschüttet wie aus Schaffeln, doch am nächsten Morgen, wo sich König und Königin zur Parade im Freien angemeldet haben, herrscht buchstäblich Kaiserwetter. Bei strahlendem Sonnenschein defiliert das Militär vor den entzückten Augen des Monarchenpaares über den Rasen von Downton Abbey.
Downton Abbey
Drei Jahre, nachdem die sechste Staffel der beliebten Brit-Serie rund um das Leben der aristokratischen Familie Crawley und deren Dienstboten zu Ende gegangen ist, folgt die Kino-Reprise. In der Originalbesetzung tritt die Belegschaft des Haushalts im Jahr 1927 zusammen und stellt sich der Herausforderung, das Königspaar in Downton Abbey zu empfangen.
Nun ist es durchaus nachvollziehbar, das Fans der Serie beim Anblick ihrer langjährigen TV-Freunde mit Begeisterung verfolgen, wie sich die Diener darum streiten, wer dem König das Glas reichen darf. Das Glück der langen Serien-Formate besteht ja bekanntlich darin, seine Figuren im Detail kennen- und lieben zu lernen. Für Nichteingeweihte stellt sich allerdings dieser TV-familiäre Bindungseffekt nicht ein. Übrig bleibt da nur ein seichtes Handlungsgeplätscher im prächtigen Kostüm-Korsett. Milde unterhaltsam.
INFO: GB/USA 2019. Von Michael Engler. Mit Michelle Dockerey, Maggie Smith, Hugh Bonneville.
Filmkritik zu "Sea of Shadows": Skrupellose Jagd auf das "Kokain des Meeres"
Der Name Leonardo DiCaprio veredelt eine österreichisch-amerikanische Hochglanz-Doku von Richard Ladkani, die von der fortschreitenden Vernichtung einer gefährdeten Wal-Spezies im Golf von Kalifornien erzählt. Doch nicht nur der entzückende Vaquita – der kleinste Wal der Welt, von dem es gerade einmal noch 15 Stück gibt –, sondern das gesamte maritime Leben steht in der Sea of Cortez auf dem Spiel.
Mexikanische Drogenkartelle und die chinesische Mafia kollaborieren, um an den seltenen Totoaba-Fisch heranzukommen. Dessen Fischblase – das „Kokain des Meeres“ – wird auf dem chinesischen Schwarzmarkt zu Höchstpreisen verkauft. Skrupellose Fischjagd ohne Rücksicht auf Verluste ist die Folge. Eine Gruppe aus Journalisten, Tierschützern und Wissenschaftlern hat sich zusammengeschlossen, um die Vaquitas unter Lebensgefahren zu retten.
Ladkani erzählt das Wettrennen um die Fischrettung mit allen Suspense-Mitteln des Öko-Thrillers. Das Thema an sich wäre schon komplex und mitreißend genug; doch mit überraschenden Erzählwendungen, schnellen Schnitten und aufwendigem Sounddesign bemüht sich Ladkani darum, den Spannungseffekt noch weiter zu forcieren – nicht immer zum Vorteil.
INFO: Ö 2019. 104 Min. Von Richard Ladkani. Mit Romel Eduardo Ledezma Abaroa.
Filmkritik zu "Angry Birds 2": Vögel und Schweine im Kampf gegen eine Adlerin
Knallbunt und hektisch geht es in der Kinofortsetzung jenes finnischen Handyspiels zu, in dem Vögel auf Schweine geschossen werden. Während im ersten Teil der durchaus erfolgreichen Filmadaption ein roter Wutvogel namens Red seine Vogelinsel vor einer grünen Schweineinvasion retten konnte, bahnt sich im zweiten Teil nun eine neue Gefahrenquelle an.
Zwischen Schweinen und Vögeln tritt unvermutet Waffenruhe ein, als von einer mysteriösen Adler-Insel plötzlich zerstörerische Eiswürfel abgeschossen werden. Ein Rettungsteam wird gebildet, zu dem neben Red und seinem hyperaktiven Kanari-Freund Chuck auch dessen schlaue Schwester Silver zählt. Vorsichtig nähert man sich der Adler-Insel, deren Bewohner sich auf dem Gefrierpunkt befinden. Eine geifernde Adlerdame in violettem Federschmuck führt dort das Kommando und plant die feindliche Übernahme von Vogel- und Schweineinsel.
Mit Hang zur Übersteuerung entfaltet sich ein farbenfroh-witziges, wildes Action-Getümmel zu bekannten Popsongs (von „Space Oddity“ bis „Happy Together“), ehe schließlich wieder (fast) friedvolle Ruhe einkehrt.
INFO: FNL/USA 2019. Von Thurop Van Orman. Stimmen: Christoph Maria Herbst, Axel Stein.
Filmkritik zu "Abschied von den Eltern": Erinnerungsporträt nach Peter Weiss
Wenn die Eltern sterben, ist das Leben als Kind zu Ende. Das elterliche Heim wird aufgelöst, die letzte Sicherheit ver schwindet. Ihn ihrem zartfühlenden Filmessay nähert sich Regisseurin Astrid Johanna Ofner einem Text von Peter Weiss, der anlässlich des Todes der Eltern (schmerzhafte) Erfahrungen an seine Kindheit und Jugend aufruft. Behutsam streicht Ofners Kamera über Fotos, Briefe und Hausfassaden und verschmilzt ihre charismatischen Bilder zu einem innigen Erinnerungsporträt .
INFO: Ö 2017. 80 Min. Von Astrid Johanna Ofner. Mit Sven Dolinski, Lawrence Tooley.
Filmkritik zu "Photograph": Zufallsfoto bringt Herzensprobleme
Mit „Photograph – Ein Foto verändert ihr Leben für immer“ kehrt der in New York lebende indische Regisseur Ritesh Batra zurück in seine Heimat. Der dort gedrehte Film ist voller Witz, Gefühl und sozialkritischem Unterton – verpackt in eine Liebesgeschichte. Mit „Lunchbox“ (2013) war Batra ein Überraschungshit gelungen, der ihm internationale Produktionen ermöglicht hatte – wie die gelungene Literaturverfilmung „Vom Ende einer Geschichte“.
Gleich neben dem berühmten Wahrzeichen von Mumbai, dem „Gate of India“, fotografiert Rafi Passanten und Touristen. Das wenige Geld, das er dabei verdient, schickt er zu seiner Großmutter auf dem Land, die allerdings kategorisch seine baldige Hochzeit fordert. Um ihr endlich eine Verlobte zu präsentieren, schickt ihr Rafi das Zufallsfoto der Studentin Milani. Sie wiederzufinden, bringt für den Fotografen einige Herzensprobleme, denn zu seiner Überraschung ist Milani bereit, einen Tag lang für Rafis Großmutter die „Zukünftige“ zu spielen
Hellseherische Fähigkeiten benötigt man keine, um zu erahnen, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Während Milani und Rafi Gefallen aneinander finden, werden sie sich der Kluft bewusst, die mit ihrer Herkunft zu tun hat. Sie stammt aus der Mittel-, er aus der Unterschicht. Eine solche Verbindung hat auch im Indien des Jahres 2019 keine Zukunft.
Diese Begegnung erzählt Batra mit viel Witz, Gespür für soziale Barrieren und jener leichtfüßigen Ernsthaftigkeit, die fast schon zu seinem Markenzeichen geworden ist.
Text: Gabriele Flossmann
INFO: D/IND/ISA 2019. 110 Min. Von Ritesh Batra. Mit Nawazuddin Siddiqui, Sanya Malhotra.
Filmkritik zu "The Kitchen - Queens of Crime": Frauen sind die besseren Gangster
Eine Frau steht in der Küche. Anstatt das Essen zu bereiten, schnappt sie sich den Revolver ihres Ehemanns, hält ihn vor dessen Nase und knurrt: „Das alles ist jetzt meine Sache.“ Sie hätte auch „Cosa Nostra“ sagen können, denn der Beruf des Gangster-Gatten ist organisiertes Verbrechen. Es ist ein starker Moment. Einer, der tiefer geht als die üblichen Plattitüden eines sogenannten Frauen-Mob-Krimis.
Im Mittelpunkt des Films, der auf der Comic-Miniserie von Ollie Masters basiert, steht die Frage: Sind die Konsequenzen des amerikanischen Traums geschlechtsspezifisch? Der Film folgt drei Frauen, deren Mafiosi-Männer ins Gefängnis kommen. Die drei Damen müssen sich also auf eigene Weise in der New Yorker Hell's Kitchen der 70er Jahre durchsetzen.
Kathy, Ruby und Claire müssen der „Familie“ beweisen, dass sie alles, was männliche Gangster für gewöhnlich tun, noch besser können. Und in der Folge versucht auch der Film immer wieder zu erklären, dass Frauen auch Gangster sein können – als Reaktion auf eine Welt, die frauenfeindlich, patriarchalisch und rassistisch ist. Sobald der Film aufhört, sich zu rechtfertigen, wird er auch durchaus spannend.
Text: Gabriele Flossmann
INFO: USA 2019. 102 Min. Von Andrea Berloff. Mit Melissa McCarthy, Elisabeth Moss.
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