Filmkritik zu "The Apprentice - The Trump Story": Killer heißt Gewinner
„Du bist gefeuert!“ lautete der Standardsatz von Donald Trump in der TV-Realityshow „The Apprentice“, mit dem er „unqualifizierte“ Kandidaten vom Set kickte – und damit weltweit bekannt wurde. In der höchst realitätsnahen Dramedy „The Apprentice“ ist allerdings Donald Trump der Lehrling. Und er hatte den schlimmsten Lehrmeister, den er jedoch bei Weitem übertraf. So lautet die überzeugende These des beflügelten Trump-Porträts, das der iranisch-dänische Regisseur Ali Abbasi und sein trefflicher Darsteller Sebastian Stan höchst unterhaltsam ausmalen.
Wie es zu Trumps Aufstieg vom orientierungslosen Millionärssohn zum skrupellosen Baulöwen kam, erzählt „The Apprentice“ nach dem Drehbuch des Journalisten Gabriel Sherman so nahe an der Wahrheit, dass man jedes Detail glauben möchte.
Es beginnt in den 70er-Jahren in einem bankrotten New York, in dem der junge Trump-Erbe als Slumlord sein Geld verdient und höchstpersönlich die Mieten eintreibt. Doch er will höher hinaus und träumt von Immobilieninvestitionen im großen Stil: Er träumt vom Trump-Tower. In einem Elite-Club trifft er auf den legendär ruchlosen Rechtsanwalt Roy Cohn. Cohn ist es, der dem jungen, noch unsicheren Trump die drei Imperative seines Erfolgs beibringt, die jedem aufmerksamen Beobachter der Trump-Karriere bekannt vorkommen werden. Erstens: Angreifen! Angreifen! Angreifen! Zweitens: Nie etwas zugeben, alles abstreiten! Drittens: Immer den Sieg behaupten, auch wenn man verloren hat!
Fettabsaugen
Sebastian Stan (bekannt als Marvels „Winter Soldier“) verkörpert Trump mit verblüffender Präzision und verfällt trotz Föhnwelle und Schmollschnute niemals in die Karikatur. Kongenial dazu agiert „Succession“-Star Jeremy Strong als Roy Cohn wie ein giftiges, emotionstotes Reptil. In einer sinistren Szene brüstet er sich damit, nicht nur Julius Rosenberg, sondern auch dessen Frau Ethel wegen Spionage auf den elektrischen Stuhl geschickt zu haben. Amerika ist für Cohn ein „Land der Männer, nicht der Gesetze“.
Er und Trump agieren als erfolgreiche partners in crime, ignorieren Vorschriften und erpressen Beamte, frei nach dem Motto: „Killer heißt Gewinner.“ Eine fiebrige Handkamera begleitet die ökonomische Aufbruchsstimmung und liefert charismatische Bilder aus dem räudigen New York der 70er- und 80er-Jahre. Dazu singen Baccara „Yes Sir, I Can Boogie“, während Trump seine spätere Frau Ivana umwirbt.
Mit dem Erfolg kommt die emotionale Verpanzerung: Zwischen Diätpillen und Fettabsaugen verwandelt sich Trump, zunächst noch gehemmter Spießer, in einen herzlosen Machtmenschen ohne jegliches Schamgefühl. Sein Vorbild Cohn lässt er kalt fallen. Ein weiterer Tiefpunkt offenbart sich in einer ehelichen Vergewaltigungsszene, die Ivana Trump in ihren Memoiren beschrieben hatte, später aber abschwächte.
Das Team rund um den derzeitigen Präsidentschaftskandidaten tobte, als es von „The Apprentice“ Wind bekam, und wollte den Kinostart verhindern. Trump beschimpfte Drehbuchautor Sherman als „niederträchtigen Schreiberling“, sein Sprecher bezeichnete den Film als „Müll“ und „reine Fiktion“. Vielleicht steckt tatsächlich nicht in jedem Detail von „The Apprentice“ die Wahrheit, ganz bestimmt aber in seinem satirischen Gesamtbild. Große Empfehlung!
INFO: KAN/DK/IRL 2024. 122 Min. Von Ali Abbasi. Mit Sebastian Stan, Jeremy Strong.
Kommentare