Filmkritik zu "Deadpool 2“: Superheld, gehackt und püriert

Ryan Reynolds ist als naiver Marvel-Held und Möchtegern-Superman einfach nicht umzubringen.

Es war der unerwartete Superhelden-Erfolg des Jahres 2016: Mit einem – für Marvel-Verfilmungen geradezu mickrigen – Budget von 58 Millionen Dollar spülte „Deadpool“ weltweit unglaubliche 783 Millionen Dollar in die Kinokassen. Ryan Reynolds, der ansonsten so nette, hundeäugige Filmbuddy, konnte als unkaputtbarer Comic-Krieger mit rotem Lederdress und Samuraischwertern einmal so richtig die Sau rauslassen. Mit derben Sprüchen und blutspritzender Dauer-Kampfaction verarschte er das gängige Heldenimage der Marvel-Superstars. Offenbar hatte Reynolds nach seinen Gastauftritten bei den „X-Men“ und im ersten „Wolverine“-Solostreifen Gefallen gefunden am Anderssein und am ordentlich Draufhauen.

Man kann ja nicht immer nur brav sein. Es ist schließlich schon anstrengend genug, mit einer Frau verheiratet zu sein, die einen Männernamen (Blake!) trägt.

Nun also „ Deadpool 2“: Ein Action-Haschee, bei dem die Gliedmaßen nur so durch die Gegend fliegen und die Köpfe in Massen rollen. Karacho aus allen Rohren, Gemetzel wie bei Schlachten im alten Rom, viele Genitalwitze und eine exorbitante Feuer- beziehungsweise Explosionsrate. Eine maßlose Orgie der Maskenbildner und Computertechniker.

Cyborg

Die Story ist dünn, aber das ist völlig egal, weil sie eh im Gemetzel untergeht. Ein gefühlloser Cyborg aus der Zukunft ( Josh Brolin) hat sich an die Fersen eines dicken Buben mit furiosen Brandstifter-Kräften namens Russell geheftet, mit der festen Absicht, diesen um die Ecke zu bringen. Deadpool fühlt sich in einem unerklärlichen Vaterinstinkt berufen, den Buben zu beschützen und stellt hierfür seine ganz persönliche Superheldentruppe zusammen: Domino, die Glücksgefühle manipulieren kann, Bedlam, der elektrische Felder, die Feinde abhalten, aufbaut, Shatterstar, der Kämpfer von einem anderen Stern, und Peter, der nichts Besonderes kann, aber gern dabei ist. Mit dieser Gurkentruppe geht’s zur Sache. Auch Juggernaut, der hünenhafte „X-Men“–Widersacher, ist mit dabei und wie immer durch (fast) nichts aufzuhalten.

Deadpool 2“ ist – je nach Alter und geistiger Reife – großer Spaß oder geschmacklose Zumutung. Eine Mischung aus Quentin Tarantinos eklektischen Gewaltszenen und videospielaffinem Abgemurkste-Gegner-Zählen. Deadpool hat seinen Unterleib verloren und sitzt nun nackt und mit den Genitalien und Mini-Beinchen eines Kleinkindes auf der Couch – ist das witzig? Sicher. Der Box-Office-Erfolg wird das gewiss bestätigen.

Am Ende sollte man sitzen bleiben, denn nach dem Abspann gibt es Bonusszenen. Eine ist sogar wirklich gut.

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