„Perdre“, so der französische Originaltitel des Films, handelt nur in dem Sinne von Verlust, als dass Menschen sterben und von Louis würdevoll bestattet werden. Viel mehr als den Verlust geliebter Menschen stellt diese wunderbare Tragikomödie das Überwinden von Vorurteilen und Zueinanderfinden zweier ziemlich ungleicher Männer in den Fokus. Der Film ist so fein und einfühlsam gewoben, dass man stets ein Lächeln auf den Lippen hat: Das Erstaunen und der kurze Wutausbruch, als Louis entdeckt, dass sich Igor zu ihm ins Auto (in den Leichenwagen) geschlichen hat. Das gemeinsame Einchecken in einem Hotel, weil Louis sich für Igor verantwortlich fühlt. Ein langsames Sich-Näherkommen: beim Essen, wo Igor Louis bittet, ihm das Fleisch zu schneiden, weil er dies nicht kann. Bei immer intensiveren, philosophisch angehauchten Gesprächen. Die Entdeckung des Gemeinsamen und der Anstieg der gegenseitigen Achtung vollzieht sich langsam, aber nachhaltig: Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist Louis nicht mehr der fürsorgliche Patron, der sich für Igors Wohlergehen verantwortlich fühlt, sondern schlicht ein guter Freund.
Man merkt dem Film an, dass er von zwei Menschen gemacht ist, die wissen, wovon sie sprechen. Bernard Campan (Louis) und Alexandre Jollien (Igor) sind auch im echten Leben beste Freunde, und sie sind die Autoren und Regisseure des Films. Aus ihrer ursprünglichen Idee, einen Dokumentarfilm zu drehen, entwickelte sich dieses köstliche Roadmovie. Noch selten wurde die körperliche Behinderung eines Menschen mit so viel Zärtlichkeit und Respekt und, ja, auch mit Witz, dargestellt. Große Empfehlung.
INFO: F /CH 2022. 92 Min. Von und mit Bernard Campan & Alexanbdre Jollien.
Kommentare